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Die Erde und Kartografie

Die Erde - Geoid und Ellipsoid

Die Form der Erde wird durch das Geoid beschrieben. Die Oberfläche des Geoids ist der angenommene Meeresspiegel - so als ob die gesamte Erde mit Wasser bedeckt und von allen darüber hinaus ragenden Landmassen und Gebirgen befreit wäre. Das Geoid ist nicht in sich geschlossen mathematisch beschreibbar. Keine mathematische Formel vermag die Form explizit zu beschreiben. Erlebten die Menschen vergangener Jahrhunderte die Erde noch als Scheibe oder später als Kugel, so stellt sie sich heute eher als kosmische Kartoffel dar.

Das Geoid in Berechnung und 15000fach überhöhter Darstellung (Quelle: GFZ Potsdam). Die Abweichung des Geoids vom Referenzellipsoid ist hier farbcodiert dargestellt; die Kontinente sind zur Veranschaulichung mit Grauwerten überdeckt. Die Differenz reicht von -110m (rot) bis zu +85m (braun).Für moderne Geoidformulierungen wird das Geoid als die Fläche gleicher Schwere beschrieben - die Äquipotenzialfläche der Schwere. Die Schwere ist dabei die Summe aus Gravitations- und Zentrifugalkraft infolge der Erddrehung. An jedem beliebigen Ort der Erde wird die Meeresspiegelhöhe also durch das gleiche Gewicht eines stets gleichen Körpers beschrieben. Zudem ist die Geoidoberfläche diejenige Fläche, an der ein Lot stets senkrecht auf der Oberfläche steht. Tatsächlich zeigt das Lot immer zum Massenschwerpunkt der Erde, der durch die Massenverteilung in der Erde nicht mit dem geometrischen Mittelpunkt identisch ist. Die Oberfläche des Geoids wird nun so korrigiert, dass an jedem Ort das Lot rechtwinklig zur Geoidoberfläche steht.

Schwerefeld der Erde

Das Geoid beschreibt die Bezugsebene Meeresspiegelhöhe für die gesamte Welt, aktuell wird häufig das WGS-84 (World Geodetic System, veröffentlicht von der U.S. National Imagery and Mapping Agency (NIMA)) verwendet. Auch das WGS-84-Geoid lässt sich nicht durch eine mathematische Gleichung darstellen, sondern setzt sich aus Unmengen von per Satellit ermittelten Daten zusammen. Damit ist es in seiner Beschreibung exakter als die Näherung verwendeter Ellipsoide, jedoch mit ungleich mehr Daten behaftet, da es Informationen über nahezu jeden Punkt der Erdoberfläche in einer Datenbank erfasst.

In der Praxis werden zur Näherung der Erdgestalt Rotationsellipsoide verwendet. Diese sind mathematisch beschreibbar und damit wesentlich besser geeignet für Aufgaben der Kartografie und Navigation, wenngleich die Exaktheit für Höhenangaben damit nicht vollkommen ist. So werden z.B. in Hyperbelnavigationsverfahren und auch Satellitennavigationssystemem (GPS, Glonass, Galileo) Ellipsoide zu Grunde gelegt.

Das Geoid ist die auf Meeresspiegelhöhe reduzierte tatsächliche Form der Erde. Das Rotationsellipsoid gibt die näherungsweise Form der Erde an und ist mathematisch besser beschreibbar.

Die Ellipsoid-Oberfläche beschreibt ebenso wie das Geoid die auf der gesamten Erde fortgeführte Meeresspiegelhöhe. Würde man weltweit die Meeresspiegelhöhe als Abstand vom Erdmittelpunkt messen, so gäbe es trotzdem Unterschiede von mehreren hundert Metern zwischen dem Geoid und einem (noch so guten) Ellipsoid. Verantwortlich hierfür sind Gezeitenkräfte sowie die Einflüsse der Gravitation; die Massen sind in der Erde unterschiedlich verteilt und bewirken eine unterschiedlich starke Anziehung an den verschiedenen Orten der Erdoberfläche. Die innere Struktur der Erde hat somit -unabhängig von der topographischen Oberfläche wie Ozeanen oder Kontinenten- eine Auswirkung auf die Gravitation; selbst bei völlig wasserbedeckter Erdoberfläche würde diese nicht die Form eines exakten Ellipsoids oder gar einer Kugel haben.

Das zur Näherung der Erdgestalt verwendete Ellipsoid stellt eine um ihre kleine Achse rotierende Ellipse dar (oblates Rotationsellipsoid). Der räumliche Körper wird durch eine große (a) und eine kleine Halbachse (b) charakterisiert, aus deren Verhältnis

(a-b)/a

die so genannte Abplattung bestimmt wird. Die Ausdehnung der Erde in Nord-Süd-Richtung ist um etwa 20km geringer als die Ausdehnung am Äquator.

Im Laufe der Zeit entstanden viele Ellipsoid-Beschreibungen. Die wichtigsten sind in untenstehender Tabelle aufgeführt.

Ellipsoide
Ellipsiod nachJahr der EntwicklungGroße Halbachse [km]Kleine Halbachse [km]Abplattung
Bessel 1841 6377,397 6356,079 1:299,3
Hayford 1909 6378,388 6356,911 1:297,0
Krassowski 1940 6378,245 6356,863 1:298,3
WGS-84 1984 6378,137 6356,7523.. 1:298,2572..

Kein formuliertes Ellipsoid passt für die Form der Erde optimal. Die besten formulierten Ellipsoide beschreiben das Geoid mit einer Abweichung von etwa 100 Höhenmetern; auch das WGS-84 weist eine Höhendifferenz zwischen Ellipsoid und Geoid von etwa -110m (Indischer Ozean) bis 90m (Südostasien) auf. Es wird stets nur ein mehr oder weniger großer Teil der Erdoberfläche hinreichend genau beschrieben. Somit hat sich in unterschiedlichen Regionen bzw. Staaten die Verwendung verschiedener Ellipsoide durchgesetzt, die für dieses Gebiet am besten geeignet erscheinen.

Die verwendeten Ellipsoide sind die Grundlage für Kartenbezugssysteme, aus denen Karten abgeleitet werden. Das Ellipsoid seinerseits hat jedoch nichts mit dem Kartenbezugssystem zu tun und ist von diesem unabhängig.

Höhenbezugsflächen

Für die Bestimmung von Höhen wird von einer festgelegten Fläche ausgegangen, die als Höhe 0 vereinbart wird. Diese Bezugsfläche ist regional/ staatlich unterschiedlich vereinbart. In Deutschland bzw. der BRD galt seit 1879 die vom Amsterdamer Pegel abgeleitete Normalnull-Fläche, in Bezug auf diese wurde das gesamte Höhennetz aufgebaut. Andere europäische Staaten verwendeten auch andere Ausgangshorizonte, die sich vom NN unterschieden.

Höhenbezugssysteme
Land Ausgangshorizont Differenz zu NN
UdSSR (WV-Staaten) Kronstadt/ Leningrad (St.Petersburg) 0,15m
Dänemark Mittelwasser der dänischen Küsten -0,09 m
Österreich Triest -0,25 m
Schweiz Genf/Marseille -0,06 m
Belgien mittleres Niedrigwasser von Ostende 2,3m
Niederlande Amsterdam -0,02 m
Frankreich Marseille -0,25 m

In der DDR galt - wie im gesamten Warschauer Vertragsgebiet - der Kronstädter Pegel als Nullfläche, diese wurde nun mit dem Kürzel HN bezeichnet. Die Differenz zum NN beträgt lediglich 16cm, jedoch werden die Höhenangaben aus der östlichen und westlichen Welthälfte in anderen Gebieten z.T. erheblich mehr voneinander abweichen. Die Ursache hierfür liegt in den verwendeten Grundlagen zu Beschreibung der Erdgestalt, den Referenzellipsoiden. Das Krassowski-Ellipsoid, gleichfalls in allen Warschauer Vertragsstaaten verbindlich eingeführt, berücksichtigte bereits das Schwerfeld der Erde und zeigt damit an Stellen großer Massenkonzentrationen, z.B. in Gebirgen, eine andere Höhe als Ellipsoide, welche die Gravitation unberücksichtigt lassen. Die westlichen verwendeten Ellipsoide (Bessel u.a) kannten eine Einflussnahme der Gravitation nicht.

In der DDR galt in Konsequenz für alle militärischen und staatlichen (also gewisse Geheimnisse tragenden Karten) das Krassowksi-Ellipsoid als Bezugssystem. Für die ab 1966 eingeführten zivilen Kartenwerke („Ausgabe Volkswirtschaft“) wurde ein reduziertes Kartenwerk geschaffen, für das man wieder auf das Bessel-Ellipsoid zurück griff und damit (beabsichtigte) Unstimmigkeiten mit den Karten des militärtopographischen Dienstes hervor rief. Eine genauere Beschreibung der Unterschiede zwischen den militärisch-staatlichen und den zivilen Kartenwerken in der DDR folgt hier.

Gegenwärtig werden im Vermessungswesen zuhnemend Modelle eingeführt, welche die Gravitation berücksichtigen und damit der tatsächlichen Erdgestalt genauer Rechnung tragen. Auch hier sind regionale bzw. staatliche Unterschiede in den Systemen nach wie vor an der Tagesordnung.

Die Abbildung der Erde auf Karten

Eine Karte stellt die maßstäbliche Verkleinerung der Erde in einer Ebene dar. Die Erdoberfläche lässt jedoch sich auf Grund ihrer gewölbten Oberfläche nicht ohne weiteres in eine Ebene abwickeln, wie es für eine (flache) Karte erforderlich wäre. Daher werden für die Abbildung der Erde auf eine Karte verschiedene Verfahren genutzt. Dabei haben sich mehrere Methoden etabliert, die in unterschiedlichen Anwendungsfällen ihre Berechtigung haben (Aufzählung ohne Anspruch auf Vollzähligkeit):

  • Zylinderprojektion
    Die Erde wird auf den Mantel eines Zylinders abgebildet, der sich in der Ebene aufrollen lässt.
  • Mercatorprojektion
  • Gauss-Krüger-Projektion (Transversale Zylinderprojektion)
  • Äquidistante zylindrische Projektion (Plate Caree)
  • Schnittzylinderprojektion
  • Kegelprojektion
    Die Erde wird auf den Mantel eines Kegels abgebildet.
  • Planare Projektion (auch azimutale Projektion genannt)

Die nachfolgenden Beschreibungen zeigen nur einen kleinen Teil der Projektionsverfahren auf, da nicht alle Methoden gleichermaßen für die (Flug-) Navigation interessant sind.

Generell kann für eine Projektion jedes Ellipsoid genutzt werden; in der Praxis ist dies auch so üblich, und so wurden im Laufe der Jahrzehnte mehrere Dutzend verschiedene Projektionen publiziert. Während in Westeuropa z.B. das Bessel- und Hayford-Ellipsoid zum Einsatz kommt (kam), wurde in den Warschauer Vertragsstaaten bekanntermaßen das Krassowski-Ellipsoid als Grundlage genutzt.

Abbildung auf Karten: Mercatorprojektion

Mercatorprojektion Mercatorkarte

Die Mercatorprojektion ist eine Zylinderprojektion, bei welcher der Äquator auf dem Zylindermantel liegt. Der Zylinder wird „von oben über die Erde gestülpt“. Vom Erdmittelpunkt aus werden die Merkmale in einem einzigen Vorgang auf den Zylinder projiziert. Dadurch kann die gesamte Erde in einer ebenen Karte dargestellt werden. Durch den nach Norden bzw. Süden wachsenden Abstand der Erdoberfläche von der Zylinderwand werden die Längen in Nord-Süd-Richtung gegenüber denjenigen ist Ost-West verzerrt; nur die Länge des Äquators wird korrekt dargestellt. Nach der Abbildung wird die Karte in Nord-Süd-Richtung verzerrt, bis die Winkeltreue hergestellt ist. Durch die Verzerrung werden jedoch die Flächen mit wachsender nördicher oder südlicher geografischer Breite erheblich größer dargestellt - so wird Grönland z.B. doppelt so groß wie Afrika. Eine Flächen- bzw. Längentreue ist bei der Mercatorprojektion nicht gegeben, ausschließlich Winkeltreue.

Der Vorteil der Mercatorprojektion besteht in der Darstellung der Loxodrome (Linie, die alle Meridiane unter gleichem Winkel schneidet) als gerade Linie, was sie insbesondere für die Seefahrt der vergangenen Jahrhunderte interessant machte.

Abbildung auf Karten: Zylinderprojektion nach Gauss-Krüger

Bei der Gauss-Krüger-Projektion handelt es sich ebenfalls um einen Zylinderentwurf. Der Zylindermantel berührt den Äquator des Ellipsoids lediglich in 2 Punkten; die Zylinderachse liegt in der Äquatorialebene. Der Zylinder wird also „quer über die Erde gestülpt“ - daher die Bezeichnung Transversale Zylinderprojektion (mitunter auch transversale Mercatorprojektion). Im Unterschied zur „normalen“ Zylinderprojektion wird im Gauss-Krüger-Verfahren die Erde nicht in einem Arbeitsgang auf die Zylinderwand projiziert, was die oben beschriebenen erheblichen Verzerrungen zur Folge hat, sondern es erfolgt eine streifenweise Abbildung jeweils eines kleinen Meridianstreifens auf die Zylinderwand.

Zylinderprojektion nach Gauss-Krüger mit Abbildung von 6°-Meridianstreifen

Die Erde wird in Streifen zu 6° oder 3° geografischer Länge entlang der Meridiane aufgeteilt. Diese 60 (120) Meridianstreifen werden mit ihrem Mittelmeridian an die Zylinderwand gelegt, der Mittelmeridian berührt die Zylinderwand. Anschließend werden die Merkmale der Erdoberfläche ausgehend vom Ellipsoid-Mittelpunkt auf die Zylinderwand projiziert. Die Zylinderwand lässt sich problemlos in die Ebene aufrollen und ergibt somit auch eine ebene Karte des Meridianstreifens. Dieses Verfahren wird mit jedem Meridianstreifen wiederholt. In Summe entsteht eine Menge von 60 (120) Meridianstreifen, die Abbildungen der Kugelzweiecke sind. Maßstäblich verkleinert ergeben sie nun die erste Auswahl an Karten. Durch die Erstellung von einzelnen Meridianstreifen ist die Kartendarstellung der Erde nicht komplett in einer Ebene möglich. Zwar ist jeder Streifen für sich eben, jedoch ergibt die Aneinanderreihung der Streifen wieder eine Kugel.

Durch die Verwendung des schmalen Streifens ist die Verzerrung relativ gering, an den Rändern wird in Ost-West-Richtung von 0.1% ausgegangen. Mit dem Gauss-Krüger-Verfahren kann jeder beliebige Teil der Erdoberfläche in nahezu gleicher Qualität von Flächen- und Winkeltreue abgebildet werden.

Die Genauigkeit der Abbildung auf Karten wird in der Praxis durch eine Überlappung der Kartenstreifen erhöht. Üblich ist eine Überschneidung um 1° nach Ost und West.

Abbildung auf Karten: Schnittzylinderprojektion

Schnittzylinderprojektion In den letzten Jahren entstanden neue Verfahren in Abwandlung der Gauss-Krüger-Projektion, um eine höhere Genauigkeit zu erzielen. So wird beispielsweise der Projektionszylinder nicht mehr an die Erdoberfläche gelegt, sondern unter die diese. Der Zylinder schneidet die Erde unterhalb der der Erdoberfläche, so dass der Mittelmeridian nicht mehr an der Zylinderwand anliegt (Schnittzylinderprojektion). Damit wird zwar eine Verzerrung auch im Bereich des Mittelmeridians in Kauf genommen, dafür sinkt jedoch die Verzerrung in den Randbereichen des Meridianstreifens. Es ist nicht mehr nur genau ein Meridian (der Mittelmeridian) exakt abgebildet, sondern 2 Meridiane - nämlich die, in welchen der Zylinder die Erdoberfläche schneidet. Wichtig wird diese Art der Projektion für die Bereitstellung des UTM-Gitters, welches in der GPS-Technik verwendet wird.

Abbildung auf Karten: Kegelprojektion

KegelprojektionKegelprojektionDie Kegelprojektion (auch: konische Projektion) verwendet einen Kegel statt eines Zylinders als Projektionsoberfläche. Der Kegelmantel lässt sich ebenfalls problemlos in die Ebene abwickeln und ermöglicht so eine ebene Karte.

Häufig wird die Achse des Kegels mit der Erdachse Nord-Süd übereinstimmen, so dass das Zentrum der Karte den Nord- oder Südpol darstellt. Generell kann allerdings auch jede andere beliebige Kegelachsstellung verwendet werden. Liegt die Kegelachse in der Äquatorebene, spricht man auch hier von der transversalen Kegelprojektion.

Die Verzerrungen der Projektion sind am Berührungskreis am geringsten (ohne Verzerrung) und wachsen mit zunehmendem Abstand vom Berührungskreis an. Demzufolge ist anzustreben, in einer Projektion nur einen geringen Bereich auf einmal zu nutzen, um eine akzeptabel kleine Verzerrung im gesamten Kartenbereich zu erhalten.

Eine jüngere Erweiterung der Kegelprojektion ist die Schnittkegelprojektion. In Analogie zur Schnittzylinderprojektion wird der Mantel nicht mehr so aufgespannt, dass er die Erde in nur einem Berührungskreis schneidet, sondern in 2 Kreisen. Damit werden die Verzerrungen an den beiden Berührungskreisen 0, während sie in den Umgebungsbreiten noch hinreichend klein sind. So kann ein größerer Breitenbereich mit akzeptablen Verzerrungen abgebildet werden.

Gebräuchlich sind verschiedenste Varianten der Projektionen; es gibt längentreue, flächentreue und winkeltreue Karten, die jede für ihren Anwendungszweck ihre Berechtigung hat. Die Darstellung von Kegelentwürfen sind auf Flugkarten nicht ungewöhnlich und auch bei der ICAO in Verwendung.

Kartengitter und Koordinatensysteme

Zur Beschreibung von Standorten und Richtungen auf der Karte bzw. Erdoberfläche sind Koordinatensysteme erforderlich. Mehrere Arten von Koordinatensysteme können verwendet werden:

  • Sphärisches bzw. geografisches Koordinatensystem nach Längen- und Breitengraden
  • Rechtwinklige Koordinatensysteme (Gauss-Krüger, UTM für GPS-Anwendungen)

Geografisches und sphärisches Koordinatensystem

In diesen Koordinatensystemen wird eine Länge und eine Breite als Koordinatenpaar angegeben.

  • Länge: Winkel Erdmittelpunkt-Nullmeridian-Meridian (l)
  • Breite: Winkel Erdmittelpunkt-Äquator-Breitenkreis (f)

Dieses Koordinatensystem ist hinreichend aus der allgemeinen Geographie bekannt.

Geografisches Koordinatensystem

Der Vorteil dieser Koordinatensysteme besteht in der umfassenden Beschreibung eines Punktes auf der Erde, der mit einem anderen (rechtwinkligen) Koordinatensystem nicht möglich ist, da dieses lokal an Hand des Kartenstreifens definiert wird. Nachteilig ist dagegen, dass aus den Koordinatenangaben bzw. -differenzen zwischen zwei Orten nicht unmittelbar eine Entfernungsangabe erfolgen kann. Die Abstände zwischen zwei Meridianen sind von der geographischen Breite abhängig; je weiter man in Richtung Nordpol bzw. Südpol kommt, desto geringer werden die Ost-West-Abstände. Ohne zusätzliche Hilfsmittel kann also auf solcherweise mit geographischen Koordinaten markierten Karten keine direkte Entfernungsbestimmung vorgenommen werden.

Mit Hilfe der beschriebenen Winkelangaben der Breite und Länge werden mehrere Koordinaten beschreibbar, die sich jedoch in der Grundlage des verwendeten Körpers unterscheiden:

  • Geographisches Koordinatensystem auf Grundlage der Erde (Geoid). Die Koordinaten werden dabei als l und f bezeichnet.
  • Geodätisches Koordinatensystem auf Grundlage des Rotationsellipsoids. Die Koordinaten sind L und F. Die Winkelunterschiede zwischen geographischem und geodätischem System sind sehr gering (bei 50°n.Br. ca. 0,1”).
  • Sphärisches Koordinatensystem auf Grundlage einer Kugel. Für viele Navigationszwecke wird durchaus die Kugel als vereinfachte Erdform angenommen, da die Genauigkeit für die verwendeten Flugräume hinreichend ist.

Da die Kugel und das Rotationsellipsoid nicht deckungsgleich sind, jedoch miteinander in einer mathematischen Beziehung stehen, sind bei der Umwandlung von geodätischen/ geographischen in sphärische Koordinaten und umgekehrt Berechnungen erforderlich.

Beziehung Sphärisches - geodätisches/geografisches Koordinatensystem

  • Geographische Breite: F=f-8’39” sin2f
  • Änderung des Längenäquivalents für 1’ (1sm): D1’=1852,23-9,34 cos 2f 
    Auf der Kugel ist 1 Seemeile die Entfernung, die durch einen Winkel von 1’ auf dem Erdumfang eingeschlossen wird, stellt mithin den 21600. Teil eines Großkreises dar. Auf einem Ellipsoid ändert sich der Winkel, der 1 sm entspricht, da der Großkreis nördlich oder südlich des Äquators einen anderen Umfang als der Äquator selbst aufweist. Die Änderung der äquvalenten Entfernung für 1 Bogenminute ist somit von der geographischen Breite abhängig und in oben stehender Formel angegeben. Die Korrekturwerte sind von der Form des Ellipsoids abhängig; die oben angegebenen gelten für das Krassowksi-Ellipsoid und sind für andere Ellipsoide abweichend.

Ein Spezialfall des Sphärischen Koordinatensystems ist das Orthodrome Koordinatensystem. Hier werden nicht wie bisher beschrieben die erdfesten Bezüge Erdmittelpunkt, Äquator und Meridian genutzt, sondern der Koordinatenursprung wird auf einen beliebigen Punkt der Erde gelegt. Gleichfalls ist der Erdäquator nicht mehr die wichtigste Bezugsebene. Die Hauptorthodrome, die im Sphärischen System den Äquator bildet, kann gegenüber der Erdäquatorebene beliebig geneigt sein.

Im Orthodromen System bleiben die mathematischen Verfahren zur Berechnung von Koordinaten, Entfernungen, Winkel usw. gleich, jedoch wird der Aufwand für Berechnungen innerhalb des Gültigkeitsbereiches des Systems in einem kleineren Flugraum vereinfacht.

Für eine Transformation in ein erdbezogenes System (geographisch/ sphärisch) sind allerdings umfangreichere Berechnungen erforderlich.

Gauss-Krüger-Koordinatensystem

Insbesondere im Zusammenhang mit der von Gauss und Krüger entwickelten Zylinderprojektion wurde ein rechtwinkliges, nun Gauss-Krüger genanntes Koordinatensystem geschaffen. In jedem nach der Zylinderprojektion entstehenden Kartenstreifen von 6° oder 3° wird ein rechtwinkliges Bezugssystem angesetzt. Der Bezugspunkt (Koordinatenursprung) ist dabei der Schnittpunkt des Äquators mit einem Bezugsmeridian 500km westlich des Mittelmeridians des jeweiligen Kartenstreifens. (Die Erklärung dieses merkwürdigen Bezugsmeridians erfolgt weiter unten.)

Auf der Erde zeigt jeder Meridian in Richtung des geografischen Nordpols. Auf dem abgebildeten Kartenstreifen sind damit die Meridiane bis auf den Mittelmeridian keine geraden Linien, sondern werden an den Kartenrändern zunehmend gekrümmt. Die Meridiane haben vom Mittelmeridian einen unterschiedlichen Abstand in Abhängigkeit von der geografischen Breite.

Wird nun über die Karte ein rechtwinkliges Koordinatensystem gelegt, so ergeben sich schon auf den ersten Blick Abweichungen zwischen der geografischen Nordrichtung, die entlang eines Meridians zum geografischen Nordpol zeigt, und dem Gitter-Nord, welches die vermeintliche Nordrichtung im rechtwinkligen Koordinatensystem anzeigt, aber in Wirklichkeit eine Parallele zum Mittelmeridian ist. Die Meridiane des sphärischen Gradnetzes sind - außer dem Mittelmeridian des Streifens - nicht parallel zu den senkrechten Linien des Gauss-Krüger-Systems. Diese Abweichungen müssen bei der Nutzung der Karten berücksichtigt werden.

rechtwinkliges Gauss-Krüger-Koordinatensystem

Ein Standort wird im Gauss-Krüger-System mit einem Hoch- und Rechtswert angegeben: der Hochwert gibt den Abstand in Metern vom Äquator an (auf der Nordhalbkugel positiv, auf der Südhalbkugel entsprechend negativ).
Der Rechtswert ist eine kompliziertere Sache: ausgehend vom Mittelmeridian wird der Abstand parallel zum Äquator bis zum Ort gemessen. Generell werden zu diesem Wert 500km addiert, damit auch bei einer Ortslage westlich des Mittelmeridians keine negative Zahl verwendet werden muss. Der Mittelmeridian hat also stets den Rechtswert 500 000(m). Gewissermaßen wird also ein "Bezugsmeridian" 500km westlich angelegt. Der Rechtswert gibt den Kartenstreifen und den Abstand von diesem Bezugsmeridian an. 
Um auf den (westlichen) Abstand des Punktes von Mittelmeridian zu kommen, muss dieser Wert von 500km subtrahiert werden.
Zusammenfassend: ist der Rechtswert kleiner als 500 000(m), so liegt der Ort westlich des Mittelmeridians, eben jene 500km - Rechtswert von selbigem entfernt. Ist der Rechtswert größer als 500km, so liegt der Ort östlich des Mittelmeridians und ist von diesem Rechtswert-500km entfernt.

In der militärischen Praxis werden die auf den Karten aufgedruckten Hoch- und Rechtswerte des Gauss-Krüger-Systems (oder z.T. auch Grad-Angaben) bei einer Nachrichtenübermittlung oftmals verschlüsselt. Ein solches Verschlüsselungsverfahren, das im Bereich der Warschauer Vertragsstaaten verwendet wurde, ist SAPAD-71 (запад-71). Anhand von Tabellen wurden die Koordinaten codiert, der Code änderte sich in regelmäßigen Zeitabständen (ca. Monatsfrist). Für jeden verwendeten Maßstab gab es ein eigenes Verfahren mit einer eigenen Tabelle.

UTM-Koordinatensystem

Das UTM-System (Universal Transvers Mercator)erlangt große Bedeutung, da heute die Mehrzahl aller GPS-Geräte Angaben in diesem System aufbereitet. Das Koordinatensystem weist große Ähnlichkeit mit dem Gauss-Krüger-System auf. Allerdings umfasst das „Definitionsgebiet“ von vornherein nur die Erde ohne die Polregionen, hierfür ist das System nicht gedacht (Das Polargebiet wird mit einer anderem System abgedeckt, UPS). Der nutzbare Bereich liegt bei 80°s.Breite bis 84°n.Breite.

Grundlage ist eine Schnittzylinderprojektion von 6°-Meridianstreifen. Als Basis wurde seit der Begründung des Systems die ohnehin in den Regionen üblichen Ellipsoide genutzt. Zunehmend kommt aber das WGS-84-Ellipsoid zum Einsatz, um eine weltweit einheitliche Koordinatenübergabe möglich zu machen.

In Summe entstehen 60 Streifen der Erde, die auch als Zonen bezeichnet werden. Der Zylinder liegt dabei unterhalb der Erdoberfläche, um die Verzerrungen insgesamt zu minimieren. Der Zylinder schneidet die Erdoberfläche nicht im Mittelmeridian, sondern jeweils 180km östlich und westlich von ihm (gemessen am Äquator). Damit wird allerdings der Mittelmeridian selbst auch kürzer dargestellt, als er tatsächlich ist. Der Verkürzungsfaktor beträgt 0.9996, wächst aber an den Rändern in der Äquatorregion auf 1,001. Angaben aus dem Gauss-Krüger-System und dem UTM-System werden also nahezu niemals gleich sein, vor allem, wenn unterschiedliche Ellipsoide in UTM (WGS-84) und Gauss-Krüger (Bessel, Krassowski o.a.) zum Einsatz kommen.

Über jeden projizierten 6°-Meridianstreifen wird ein rechtwinkliges Gitter gelegt, dessen Ursprung beim Schnittpunkt des Äquators mit einem Bezugsmeridian 500km westlich vom Mittelmeridian des Meridianstreifens liegt. Der Mittelmeridian hat also in jedem Falle wie im Gauss-Krüger-System den Rechtswert 500 000, der hier als false easting bezeichnet wird. Auf der Nordhalbkugel wird die Entfernung vom Äquator als Hochwert (false northing) bestimmt, der Äquator selbst hat dabei den Hochwert 0 - im Gegensatz zur Südhalbkugel, wo der Äquator mit dem Hochwert 10 000 000 versehen wird. So wird auch auf der südlichen Welthälfte stets ein positiver Hochwert gemessen. Die Hoch- bzw. Rechtswerte eines Ortes auf der Erdoberfläche geben die Entfernung vom Bezugspunkt (Ursprung) in Metern an; die Koordinatenangaben sind auf eine Genauigkeit von 1 Meter ausgelegt.

Auf Grund der Unterteilung in 6°-Meridianstreifen findet sich auch im UTM-System eine Einteilung in Zonen vor. Beginnend bei der Datumsgrenze (Meridian 180°) wird ostwärts numerisch gezählt, so dass Greenwich auf der Grenze vom 30. zum 31. Sektor liegt. Zusätzlich zu diesen, durch die Zylinderprojektion entstehenden "vertikalen" Streifen, wird vom südlichsten Definitionspunkt bei 80°s.Br. ausgehend die Erde in "horizontale" Streifen von 8° geografischer Breite geteilt und mit Buchstaben versehen (beginnend bei C, wobei I und O wegen Verwechslungsgefahr ausgelassen werden). Der erste Streifen reicht dabei von 80° bis 78°s.Breite.

Nomenklatur von Karten

Aufteilung der Erdoberfläche in Reihen und Kolonnen - Nomenklatur von Karten

Ausgehend von einer Gauss-Krüger-Zylinderprojektion wird die Erde in 6° breite Meridianstreifen zerlegt. 

Damit weist die gesamte Erde 60 ("senkrechte") Streifen auf, die von 1 bis 60 durchnummeriert werden. Der Beginn der Zählung erfolgt bei 180° (Datumsgrenze), so dass Greenwich als Ort auf dem Nullmeridian nun an der Grenze vom 30. zum 31. Streifen liegt.
Weiterhin wird vom Äquator ausgehend die Erde in 4° breite Streifen zerlegt. So entstehen 23 ("horizontale") äquatorparallele Streifen (eigentlich 22,5) bis zum Pol, die mit A...V und Z bezeichnet sind (X und Y werden ausgelassen). Der Streifen "Z" hat dann nur noch 2° Nord-Süd-Ausdehnung, von 88° bis 90°.

Dieses Verfahren wird jeweils für die Nord- und Südhalbkugel angewendet.

Jedes nun entstehende Feld hat eine eindeutige Bezeichnung, z.B. N-32 oder M-33, welches einen eindeutigen Ausschnitt der Erdoberfläche mit 6° geografischer Länge und 4° geografischer Breite darstellt (allerdings muss für die Angabe noch Nord- oder Südhalbkugel ergänzt werden). Das Feld wird als Ausgangspunkt für eine Karte im Maßstab 1: 1 000 000 verwendet; die Summe dieser Karten ergibt die so genannte Internationale Weltkarte (IWK) mit insgesamt 2212 Blättern, von denen allerdings nur die rund 750, die Landflächen abdeckenden Blätter in nationaler Verantwortung erstellt wurden. Aus der Karte 1:1 000 000 (Bezeichnung z.B. N-32), die nur als Übersichtskarte sinnvoll erscheint, werden folgende Karten generiert:

  • 4 Karten 1:500 000. Die Bezeichnung erfolgt mit Großbuchstaben A bis D (N-32-A) 
    -oder-
  • 36 Karten 1:200 000. Die Bezeichnung erfolgt mit römischen Zahlen von I bis XXXVI (N-32-XXIV)
    -oder-
  • 144 Karten 1:100 000. Die Bezeichnung erfolgt mit Zahlen von 1 bis 144 (N-32-123) 
    Diese wird wiederum unterteilt in 
    • 4 Karten 1:50 000. Die Bezeichnung erfolgt mit den Großbuchstaben A bis D (N-32-123-A) 
      Diese wird geteilt in 
      • 4 Karten 1:25 000. Die Bezeichnung erfolgt mit den Kleinbuchstaben a bis c (N-32-123-Ac)
        Diese wird getelt in
        • 4 Karten 1:10 000. 
          Die Bezeichnung erfolgt mit den Ziffern 1 bis 4 (N-32-123-Ac-4)
          Diese wird geteilt in
          • 4 Karten 1:5 000. Die Bezeichnung erfolgt mit den römischen Zahlen I bis IV (N-32-123-Ac-4-III)

Ableitung Karten unterschiedlicher Maßstäbe und deren Bezeichnung

Eine Darstellung der für die DDR maßgeblichen Kartenblätter (militärisch) gibt es hier.

Anmerkung: Die dargestellte Benennung der Karten ist für das Warschauer Vertragsgebiet üblich gewesen. Abweichungen in den Veröffentlichungen in anderen Staaten sind an der Tagesordnung gewesen; so findet sich unter Bezugnahme auf die ursprüngliche Inangriffnahme einer Internationalen Weltkarte im Jahre 1891 zumeist die Aussage, dass es 22 Streifen (A...W) gäbe - hier liegt also schon ein Unterschied zu dem hierzulande verwendeten "Z" für die unmittelbare Polarregion. 

Unterschiede der militärischen (NVA) und zivilen Kartenwerke

Auf Basis des Referenzellipsoids von Krassowki wurden aus der Internationalen Weltkarte (1:1 000 000) nach dem oben beschriebenen (großenteils sowjetischen) Nomenklatursystem Karten für die Verwendung in der DDR erstellt. Die gesamte (Neu)Erstellung der Karten erfolgte in den Jahren nach dem 2.Weltkrieg, wobei von vornherein auf die moderneren Systeme (Krassowski, HN-Höhensystem) Bezug genommen wurde.
Ab dem Jahre 1966 wurde die bis dahin einheitliche Karte - als "Ausgabe Staat" bezeichnet - als VVS eingestuft und damit der normalen Verwendung im zivilen Bereich entzogen. Dafür wurde eine daraus abgeleitete Karte "Ausgabe Volkswirtschaft" geschaffen, die sich in etlichen Details von der geheimnistragenden Ausgabe Staat unterschied.

Unterschiede der Ausgabe Staat und Ausgabe Volkswirtschaft
 Ausgabe StaatAusgabe Volkswirtschaft
Basis Krassowksi-Ellipsoid
6°-Meridianstreifen
System 42/83 
Bessel
3°-Meridianstreifen
System 40/83
Die Koordinaten liegen nur in Dezimetergenauigkeit vor.
Maßstäbe 1:1 000 000
1:500 000
1:200 000
1:100 000
1:50 000
1:25 000
1:10 000
1:5000
1:1 500 000
1:750 000
1:200 000
1:100 000
1:50 000
1:25 000
1:10 000
Einschränkungen  
  • Einschränkung der Darstellung von Ortschaften, quantitativen Aussagen zu Straßen usw.
  • Verringerte bis keine Darstellung von nichtsozialistischen Ländern
  • Auslassen militärisch relevanter Angaben
  • Verändertes Nomenklatursystem
  • abweichender Blattschnitt, damit ist nicht direkt eine evtl. gewünschte hohe topografische Lagegenauigkeit ablesbar

Die strikte Trennung der Karteninhalte hielt sich bis 1986; erst dann wurde die Ausgabe Volkswirtschaft direkt aus der Ausgabe Staat abgeleitet und ausschließlich um militärisch relevante Informationen "erleichtert". Grund waren massive Beschwerden der zivilen Nutzer über die zunehmend rigoros vereinfachten und groben Darstellungen.
Weitere Grundlagen und Hintergrundwissen bei der FU Berlin.