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Navigationssysteme RSBN und VOR

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Funknavigationssysteme

Nahnavigationssystem RSBN - Richtungs- und Entfernungsbestimmung

Das Nahnavigationssystem RSBN (Entwicklung in der UdSSR) ist ein militärisch angewendetes Funknavigationssystem für kleinere Reichweiten (je nach Flughöhe bis ca. 360km) und arbeitet im Frequenzbereich 770-1000MHz, welcher bei RSBN in 88 Kanäle unterteilt wird (neuere Anlagen: 176 Kanäle). Das vollständige System besteht aus:

  • Drehfunkfeuer
  • Entfernungsretranslator (Boden)
  • Entfernungsretranslator (Flugzeug)
  • Instrumentenlandeanlage PRMG.

Die Anwendung des RSBN sowie der weiteren beschriebenen Navigationsverfahren erfolgte nicht in den Hubschraubern der NVA, aus diesem Grunde wird es hier nur als interessante Grundlage zu Funknavigationsverfahren beschrieben. Vom Grundsatz her erfüllt das RSBN an Bord des Luftfahrzeuges mit der Richtungs- und Entfernungsbestimmung zu einem entsprechenden Bodenmittel dieselben Aufgaben wie die heute übliche Zivil- und Militärtechnik wie VOR/DME und TACAN (USA/NATO). Die verwendeten Grundsätze sind gleich, jedoch werden unterschiedliche technische Verfahren zur Umsetzung gebracht. 
Kernstücke des Systems sind:

  • eine rotierende Keule, die gemeinsam mit zwei ungerichteten Bezugssignalen zur Richtungsbestimmung genutzt wird
  • ein bodengebundenes Sekundärradar, das auf Anfrage einen Code zurückgibt. Die Laufzeit wird zur Entfernungsbestimmung vom Boden aus benutzt.
  • ein flugzeuggebundenes Sekundärradar zur Entfernungsbestimmung vom Luftfahrzeug aus.

Impulsabstand in Abhängigkeit vom AzimutTechnische Grundlagen der Richtungsbestimmung im System RSBN

Im System RSBN strahlt ein ungerichteter Sender zwei Impulsfolgen ab, deren Abstand zueinander vom jeweiligen momentan überstrichenen Azimutwinkel der Doppelkeule eines gerichteten Senders ist. Der ungerichtete Sender strahlt eine Folge Codes mit 36 Impulsen (alle 10° des Vollkreises) je Doppelkeulenumdrehung ab, eine zweite mit 35 Impulsen (alle 10,28°) je Umdrehung. Im Bezugspunkt "Norden" fallen beide Impulse zusammen. Mit fortschreitender Umdrehung der Doppelkeule wird dar Abstand zwischen den Impulsen der "36" und "35" immer größer und ist dem Azimutwinkel proportional. Wieder bei 0° Nord angekommen, fallen beide Impulse zusammen. Das Dauersignal der Doppelkeule wird genutzt, indem im Flugzeug das Minimum zwischen beiden einzelnen Keulen als Zeitpunkt des "Überstreichens" gewertet wird. Das Minimum ist genauer auswertbar als ein Maximum, somit sind höhere Auflösungen möglich. Die Doppelkeule rotiert mit 100 Umdrehungen pro Minute (f=1,66Hz), und je Umdrehung der Doppelkeule gibt es 35 bzw. 36 Impulse des ungerichteten Bezugssignals.

Bord- und Bodenanlagen bei der RSBN-NavigationRSBN-Antenne unter dem Rumpf einer MiG-21

Gemessen wird der Zeitpunkt des Minimum-Empfangs zwischen beiden Doppelkeulen. Die Differenz zwischen dem 36er und 35er Impuls in diesem Moment entspricht dem Azimutwinkel vom Funkfeuer aus gesehen, wobei mit technischen Mitteln die Auflösung und Genauigkeit erhöht wird: Die Auswertung der Signale erfolgt, indem durch "Mitzählen" der 36er-Impulse (alle 10°) zunächst grob festgestellt wird, in welchen 10°-Abschnitt der Azimut liegt. Der Grobzähler für die 36er-Impulse wird bei den Stellungen 0° und 180° neu synchronisiert. Ein Feinzähler ermittelt den genauen Zeitabstand zwischen dem letzten Auftreten des 36er Impulses und dem Auftreten des Doppelkeulen-Minimums. Der Feinzähler wird mit jedem 36er Impuls neu gestartet (synchronisiert), so dass eventuelle Schwankungen der hohen Antennendrehzahl nur wenige Auswirkungen auf die Messgenauigkeit haben. Sein Fehler kann sich somit nur innerhalb eines 36er-"Blocks" auswirken.
Aus diesen beiden Größen wird der genaue Azimutwinkel errechnet. Die Genauigkeit des Verfahrens beträgt 0,02°, da der Feinzähler eine quarzstabilisierte Frequenz von 30,72kHz aufweist, was eine minimale Zeitmessung von 32,55µs ermöglicht. in dieser Zeit beträgt der Drehwinkel 0,02°. Die Anzeigegenaugigkeitbeträgt 0,2°, da durch die der Messung folgende Wandlung und Speicherung Grenzen gesetzt sind.

Die mit dem RSBN erreichte Genauigkeit wird durch die Minimummessung der Doppelkeule und durch die beständige Neusynchronisierung des Feinzähler erreicht. Keines der anderen vergleichbaren Systeme (VOR/DME und TACAN) erzielt diese Genauigkeit.

Die Entfernungsmessung beinhaltet zwei Teile. Zum einen ermittelt das Flugzeug die Entfernung, indem der Bordsender Abfrageimpulse mit 30Hz auf dem entsprechenden Kanal abstrahlt. Die Bodenstation gibt einen codierten Impuls mit 300Hz zurück. Die Laufzeit bis zum Eintreffen der Antwort wird gemessen. Die erreichbare Genauigkeit beträgt auf Grund der mit einer Quarzbasis erzeugten Frequenz von 959kHz ca.156m (Anzeigegenauigkeit 200m). 
Die Bodenstation ermittelt ihrerseits die Entfernungen zum Flugzeug, indem an jedem 2°-Punkt, den die Doppelkeule überstreicht, ein Abfrageimpuls mit 300Hz ausgesendet wird. Das Flugzeug empfängt diesen Impuls, antwortet darauf jedoch nur, wenn es in genau diesem Moment im Bereich der Doppelkeule ist. Damit stehen für die Bodenstation mit einem Signal zwei Informationen zur Verfügung: die Entfernung als Laufzeit bis zum Eintreffen der codierten Antwort und die Richtung, da ja der Azimut zum Zeitpunkt des Abstrahlens der Abfrage bekannt ist. Im Resultat wird auf einer Anzeige (Rundblickindikator) das Ziel in der richtigen Richtung und Entfernung dargestellt.

RSBN-AntennenRSBN-AntennenZu den ohnehin in 4 Varianten codierten abgestrahlten Impulsen kann ein dritter Impuls (der das Rufzeichen als Morsecode enthält) gesendet werden. Der Flugzeugführer kann seinerseits nach Befehl durch die Bodenstelle die individuelle Kennung einschalten, die als gesondertes Zeichen auf dem Bildschirm am Boden angezeigt wird und damit eine genauere Identifizierung des Flugzeuges ermöglicht. Eine Fälschung des RSBN-Signals oder eine Falschnutzung soll damit verhindert werden.
Der Entfernungsretranslator kann bis zu 100 Flugzeuge gleichzeitig bedienen.

Weitere Informationen sind unter Flugsicherungsmittel zu finden.

Im System RSBN ist ebenfalls eine Instrumentenlandegruppe PRMG integriert. Die Beschreibung des PRMG erfolgt im Kapitel Instrumenten-Landesysteme.

VOR-Drehfunkfeuer (VHF Omnidirectional Range) | DME

VOR

Das VOR dient zur Bestimmung der Peilung vom Luftfahrzeug zum diesem Funkfeuer allein aus dem Empfang des Signales heraus. Gemeinsam mit einem heute zumeist kombinierten DME lässt sich ohne weiteren Aufwand der korrekte Standort des Luftfahrzeuges bestimmen.

Empfangssignale beim VOR Das VOR besteht aus einem ungerichteten, stets empfangbaren Bezugssignal und einem gerichteten Signal, das umlaufend ist und in Abhängigkeit vom jeweils über­strichenen Azimut eine Phasenverschie bung zum Bezugssignal aufweist.

Das "Original-VOR" aus den 50er Jahren wies eine recht aufwändige, mechanische Antennenkonstruktion auf, um die beabsich tigte Abstrahl­charakteristik zu erreichen. In späteren Jahren wurde aus den mechanisch bewegten Antennen eine elektronisch umgeschaltete Antennenkonstruktion, welche die beabsichtigte Abstrahlung einfacher erreichte.

  • Ungerichtetes Bezugssignal: dieses Signal wird mit einer 9.96 kHz-Frequenz moduliert, welche wiederum selbst mit 30 Hz frequenzmoduliert wird. Anhand dieser Parameter erkennt der Bordempfänger die Referenzphase.
  • Das gerichtete Signal wird mit einer 30 Hz-Amplitudenmodulation versehen. Die Phase des Signals wird in Abhängigkeit vom Azimut der Antennenstellung in diesem Moment verschoben. Weist die Antennenkeule in Richtung Magnetisch Nord, so ist die Phasenver­schiebung in Bezug auf das Referenzsignal 0. Mit im Uhr zeiger sinn zunehmen­dem Winkel wird der Abstand zwischen Bezugssignal und richtungsabhängigem Signal größer, bis sie schließlich bei Nord eine volle Phase absolviert hat und so wieder 0 ist.

An Bord des Flugzeuges wird also der Abstand (Phasenlage) des Bezugssignals und des in diesem Moment empfangenen richtungsabhängigen Signal bestimmt; daraus ergibt sich unmittelbar der Azimut zum VOR.

Doppler-VOR (DVOR)

Die Einführung des Doppler-VOR brachte eine erhebliche Verbesserung der Richtungsgenauigkeit des VOR-Signals. Im Standard-VOR wird das richtungsabhängige Signal amplitudenmoduliert und ist somit in seiner Struktur extrem anfällig für Störungen, welche im Falle eines Flugplatz-Umfeldes auch aus Geländemerkmalen und Bodenreflexionen resultieren. Kursfehler bis 10° sind in bergigem Gelände keine Seltenheit gewesen.

Das Doppler-VOR vertauscht die Modulationsarten für die ungerichtete und azimutabhängige Phase. Da die Bordgeräte unverändert kompatibel bleiben müssen, erscheint somit die Rolle von Referenz- und azimutabhängigem Signal vertauscht.

  • Das ungerichtete Mittelsignal besteht nun aus der mit 30 Hz amplitudenmodulierten Sendefrequenz.
  • Das azimutabhängige Signal wird nun mit 9.96 kHz und einer 30 Hz-Schwingung frequenzmoduliert. Die Frequenzmodulation ergibt einen stabileren und unverfälschteren Empfang im Luftfahrzeug mit kleineren Kursfehlern, etwa 0.5°.
    Schema einer VOR-Antenne. Grafik: Peter Müller, miniatur-wunderland.deDas azimutabhängige Signal wird nun nicht mehr durch eine mechanisch rotierende Antenne erzeugt, sondern durch 39 Antennen, die auf einem kreisförmigen Umfang von 13.5m (22 Fuß) über einer leitenden Fläche von 50m (150 Fuß) angeordnet sind. Das Antennensignal wird 30 mal pro Sekunde umlaufend auf die einzelnen Antennen geschaltet. Aus größerer Entfernung wirkt diese Konstruktion wie eine einzige große Antenne, bei der sich das Signal 30 mal dem Beobachter nähert und wieder entfernt. Der dabei auftretende Dopplereffekt gab dem Verfahren seinen Namen und ruft eine Frequenzmodulation von 30 Hz hervor.

DVOR -ERF- 112.85 bei Erfurt

Der Wechsel von frequenz- und amplitudenmoduliertem Signal ergibt im Bordempfänger ein verändertes Messschema: während im Standard-VOR die Zeit vom Mittelsignal zum azimutabhängigen Signal ("B"-"A") gemessen wird, entsteht nun die Messung vom azimutabhängigen Signal bis zum Referenzsignal ("A"-"B"). Damit würde als Ergebnis nicht die Proportionalität zum Winkel zwischen Nord und Azimut entstehen (wie im VOR), sondern zwischen Azimut und Nord. Damit im "alten" Empfangsgerät trotzdem die richtige Größe angezeigt wird, lässt man die Antennenkeule nicht im, sondern gegen den Uhrzeigersinn rotieren. Das kompatible Empfangsgerät bemerkt somit keinen Unterschied zwischen einem Standard-VOR und einem DVOR; abgesehen von einer extrem kleinen Zeitverschiebung im Messzeitpunkt (der aber kaum in Gewicht fällt) gibt es in der Verfahrenstechnik auch keinen.

Richtungsanzeige VOR/ DVOR

In der Regel wird bei den Anzeigegeräten nicht (nur) die Richtung zum VOR angezeigt, sondern die Abweichung der aktuellen Peilung von der voreingestellten Standlinie (Kursablage). Der Pilot kann daraufhin seinen Kurs korrigieren, um wieder auf die geplante Standlinie (Radial) zu kommen. Meist wird ebenfalls eine Anzeige eingeblendet, die die Richtung ("TO" oder "FROM") zum VOR angibt.

Entfernungsmessung

Die Entfernungsmessung wird mit dem DME-Verfahren, meist im Zusammenhang mit VOR-Bodenanlagen, vorgenommen. Die technische Grundlage des Sekundärradar-Prinzips (Messung der Laufzeit eines Antwortimpulses) deckt sich mit der bei der RSBN-Entfernungsmessung beschriebenen, wobei hier weniger Zusätze gemacht werden (Richtungsbestimmung aus zusätzlichem Code usw.). Die Anzeige der Entfernung erfolgt im Flugzeug auf einem Anzeigeinstrument, heute zumeist mit analogen oder digitalen Ziffernanzeigen.