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Dienstvorschriften der NVA > A 111/1/315 Mi-2, VBF > Komplizierte aerodynamische Fluglagen

Dienstvorschriften

A 111/1/3512
Mi-2 - Handlungen in besonderen Fällen

3.1. Trudeln des Hubschraubers

Kennzeichen:

  • statische Drehbewegung des Hubschraubers um die Hochachse mit einer Winkelgeschwindigkeit von ωY,1 ~ 90°/s und ungleichförmige Schwingungen um die Längs- und Querachse,
  • mehrere Rumpfumdrehungen um die Hochachse pro Spiralgang der Abwärtsbewegung.
Handlungen des ersten Hubschrauberführers:
  • Den Gassteigungshebel senken.
  • Bei abnehmender Winkelgeschwindigkeit die Landelage durch Betätigen des Steuerknüppels herstellen und Schräglagen verhindern.
  • Den Sinkflug mit einer Vertikalgeschwindigkeit von 0,5 m/s fortsetzen und die Winkelgeschwindigkeit der Bewegungen weiter verringern.
  • Ohne Schräglage oder Schieben mit selbständigem Eindrehen des Hubschraubers am Boden um 40 ... 60° bis zum Stillstand aufsetzen.

Es ist verboten:

  • während des Trudelns den Gassteigungshebel zu ziehen oder (und) den Steuerknüppel heftig zu drücken,
  • während des Herstellens der Landelage den Steuerknüppel heftig zu ziehen,
  • während des Trudelns energische Pedalbewequnqen auszuführen (beim Aufsetzen besteht die Gefahr des Umkippens)!

3.2. Wirbelringzustand der Tragschraube

Kennzeichen:

  • zunehmendes Vibrieren des gesamten Hubschraubers,
  • selbständiges Absinken der Vorwärtsgeschwindigkeit und Ansteigen der Sinkgeschwindigkeit,
  • Abfallen der Tragschraubendrehzahl bei Startleistung des Triebwerks oder Schwankungen der Tragschraubendrehzahl bei niedrigeren Leistungsstufen,
  • selbständiges Eindrehen des Hubschraubers nach links,
  • Verringerung der Steuerreserven des Gassteigungshebels und des rechten Pedals.

Handlungen des ersten Hubschrauberführers:

  • Bei ausreichender Flughöhe (H > 200 m) den Steuerknüppel langsam bei konstanter Tragschraubensteigung nach vorn und rechts bewegen.
    In Abhängigkeit von der geschätzten Flughöhe und Sinkgeschwindigkeit kann der Gassteigungshebel gesenkt werden. Der Hubschrauber geht mit anfangs noch steigender Sinkgeschwindigkeit (7 ... 8 m/s) in den Flug mit Vorwärtsgeschwindigkeit über. Bei einer Gerätegeschwindigkeit über 60 km/h wird der Wirbelringzustand beendet.
    Beim Einsetzen des Wirbelringzustandes in geringen Flughöhen werden auch ohne zusätzliche Eingriffe des Hubschrauberführers Sinkgeschwindigkeiten von 2 ... 3 m/s weitgehend und eine Sinkgeschwindigkeit von 1 m/s vollständig im Bereich des Luftkissens beseitigt.
  • Tritt der Wirbelringzustand in Höhen über 600 m auf, in den Autorotationsflug übergehen.
  • Beim Ausleiten des Wirbelringzustandes ist es verboten:
    • den Gassteigungshebel zu ziehen,
    • den Steuerknüppel heftig zu drücken!
  • Es ist verboten, den senkrechten Autorotationsflugzustand einzunehmen, weil die Sinkgeschwindiqkeit vor der Landung nicht auf den erforderlichen Mindestwert verringert werden kann!

3.3. Selbständiges Vergrößern der Schräglage bei Geschwindigkeiten nahe der Maximalgeschwindigkeit

Kennzeichen:

  • Der Hubschrauber reagiert rasch auf Bewegungen des Steuerknüppels nach hinten, indem er die Schräglage und das Lastvielfache vergrößert.
  • Soll dieses Verhalten durch zügiges Drücken des Steuerknüppels nach links beendet werden, reagiert der Hubschrauber träge oder mit einer weiteren Vergrößerung der Schräglage nach rechts, auch wenn der Steuerknüppel vorher nicht gezogen wurde.
  • Mit Annäherung an den Grenzbereich der Steuerbarkeit wird das Vibrieren des Hubschraubers intensiver.

Handlungen des ersten Hubschrauberführers:

  • Den Gassteigungehebel zügig, aber nicht heftig, senken.
  • Den Steuerknüppel nachlassen.

Es ist verboten, bei einem verstärkten Vibrieren und erschwerter Steuerbarkeit bei Flügen mit Geschwindigkeiten nahe der Maximalgeschwindigkeit die Bewegung des Steuerknüppels in der gleichen Richtung fortzusetzen!

Es ist verboten, beim Auftreten der Vergrößerung der Schräglage den Gassteigungshebel zu ziehen oder (und) den Steuerknüppel nach links zu drücken!

3.4. Selbständiges Vergrößern des vertikalen Lastvielfachen

Kennzeichen:

  • Annähernd parallel mit einem heftigen Ziehen des Steuerknüppels steigt die Tragschraubendrehzahl über 94 % und der Drehzahlbegrenzer der Losturbine spricht an.
  • Annähernd parallel mit dem Ziehen des Gassteigungshebels (und des Steuerknüppels) vergrößert sich der Längsneigungswinkel sprunghaft auf mehr als 30°, die Fluggeschwindigkeit sinkt schnell ab, auch beim Betätigen des Gassteigungshebels mit zulässigem Tempo.
  • Das zulässige vertikale Lastvielfache wird kurzzeitig überschritten.
  • Der Hubschrauber vibriert während dieser Vorgänge stark. Die Flugbahn krümmt sich aufwärts.
  • Ein zügiges Drücken des Steuerknüppels in die Ausgangslage und weiter bis zum vorderen Anschlag bringt für 1,5 ... 2,0 s nicht den erwarteten Effekt des Beendens des Hebens des Buges, des ungleichförmigen Steigens und des Abfallens der Tragschraubendrehzahl, selbst wenn der Gassteigungshebel um 1° nachgelassen wird.
  • Erst nach der Annäherung an die günstigste bzw. Sparfluggerätegeschwindigkeit von 100 km/h stellt sich die Wirksamkeit der Längssteuerung fast schlagartig ein.
    Das Vibrieren verringert sich. Der Strömungsabriß an der Tragschraube geht zurück.
    Dabei fällt die Tragschraubendrehzahl infolge der bis um 10 % verringerten Drehzahl der Turboverdichter stark ab, und die minimal zulässige Tragschraubendrehzahl von 78 % (für 30 s) kann unterschritten werden.
  • Bei vollständig nach vorn ausgeschlagenem Steuerknüppel kann ein vertikales Lastvielfaches von 0,5 erreicht werden. Der Hubschrauber senkt schnell den Bug.

Handlungen des ersten Hubschrauberführers:

  • Den Gassteigungshebel zügig, aber nicht heftig, senken und den Steuerknüppel nicht ruckartig betätigen.
  • Die Längssteuerbarkeit stellt sich erst nach einer unsteuerbaren Phase von 1,5 ... 2 s wieder ein.
  • Bei Manövern mit Höhengewinn zusätzlich zügig, aber nicht ruckartig, das linke Pedal treten und damit der Tragschraube zusätzlich Leistungsreserven zuführen.
  • Durch Betätigen des Steuerknüppels und der Pedale den Übergang zur selbständigen Linksdrehung verhindern.
  • Zeigt der Hubschrauber die Tendenz zum selbständigen Verringern der Geschwindigkeit unter 100 km/h (eventuell infolge eines zusätzlich ausgeführten, aber als groben Steuerfehler zu wertenden Ziehens des Gaseteigungshebels), den. Flugzustand durch Neigen des Steuerknüppels nach links und Senken des Gassteigungshebels ausleiten und stabilisieren.
  • Es ist verboten, bei Flügen im Grenzbereich der technischen Leistungsfähigkeit gleichzeitiq den Steuerknüppel und den Gassteigungshebel zu ziehen!

3.5. Selbständiges Sinken des Hubschraubers

Kennzeichen:
  • Beim starken Ziehen des Steuerknüppels steigt kurzzeitig die Tragschraubendrehzahl an. Der Hubschrauber vergrößert zügig den Längsneigungswinksl,und die Geschwindigkeit verringert sich schnell. Die Drehzahl der Turboverdichter fällt ab. Infolge des Ansteigens der erforderlichen Leistung für die Trag- und Heckschraube fällt die Tragschraubendrehzahl ab und der Hubschrauber sinkt.
  • Wird der Gassteigungshebel gezogen, treten diese Erscheinungen verstärkt auf, obwohl die Drehzahl der Turboverdichter den Übergang der Triebwerke auf die Startleistung anzeigt. Die Tragschraube wurde überzogen. Der Hubschrauber vibriert stark und beginnt, nach links einzukurven.
  • Wird zum Beenden des Eindrehens nach links das rechte Pedal getreten, verstärkt sich die Intensität des Eindrehens, die Tragschraubendrehzahl verringert sich etwas und der Hubschrauber sinkt schneller.

Handlungen des ersten Hubschrauberführers:

  • Den Steuerknüppel bei konstanter Tragschraubensteigung langsam nach vorn und rechts drücken, damit der Hubschrauber in den Flug mit Vorwärtsgeschwindigkeit übergeht. Bei ausreichender Flughöhe (H > 200 m) den Gassteigungshebel zum Entlasten der Tragschraube etwas senken.
  • Tritt das selbständige Sinken in Bodennähe auf, einem harten Aufsetzen des Hubschraubers bei zulässiger Tragschraubendrehzahl durch Hochreißen des Gassteigungshebels und Treten des rechten Pedals entgegenwirken.
    Im Einflußbereich des Luftkissens werden Sinkgeschwindigkeiten von 1 m/s vollständig, auch ohne Eingreifen des Hubschrauberführers, beseitigt.
  • Beim Ausleiten des selbständigen Sinkens ist es verboten, den Gassteigungshebel zu ziehen oder (und) den Steuerknüppel ruckartig zu drücken!

3.6. Selbständiges Drehen des Hubschraubers

Kennzeichen:

  • Es tritt eine nicht steuerbare Linksdrehung um eine Achse, die durch die Mitte der Tragschraubennabe und den Schwerpunkt des Hubschraubers verläuft, auf.
  • Unmittelbar vor dem Beginn der selbständigen Linksdrehung hat das rechte Pedal den Anschlag erreicht.
  • Die Annäherung an die Grenze der Richtungssteuerbarkeit wird durch eine Richtungsinstabilität (doppelte Pedalbewegungen) signalisiert.

Handlungen des ersten Hubschrauberführers:

  • Unmittelbar vor oder beim Erreichen des Anschlags des rechten Pedals keine Pedalbewegung (nach rechts) ausführen und den Hubschrauber gleichmäßig absetzen und am Boden gegen den Wind eindrehen.
  • Den Gassteigungshebel in geringen Höhen so weit senken, daß in 0,3 ... 0,5 m Höhe (in der Wirkungszone des Luftkissens) die selbständige Linksdrehung beendet wird.
  • Bei Hindernisfreiheit durch langsames Drücken des Steuerknüppels nach vorn und rechts mit konstanter Tragschraubenstei gung in den Flug mit Vorwärtsgeschwindigkeit übergehen, bis der Hubschrauber das Drehen beendet, und den Anflug wiederholen.
  • Bei starker Linksdrehung des Hubschraubers wie beim Ausfall der Heckschraubensteuerung handeln, d.h. durch gleichmäßiges Betätigen des Steuerknüppels die Landelege ohne Schräglage herstellen und den Gassteigungshebel dabei so weit senken, daß der Hubschrauber mit einer Vertikalgeschwindigkeit von etwa 0,5 m/s sinkt und die Drehung verringert.
    Das Aufsetzen erfolgt mit selbständigem Linksdrehen um 40 ... 60° am Boden.