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Geräte und Instrumente

Grundlagen der Kreiseltheorie

In Luftfahrzeugen werden eine Vielzahl von Kreiselgeräten eingesetzt. Hauptsächlich erfolgt die Anwendung in Fluglage- und Navigationsgeräten. Die Anwendung erfolgt unter anderem in

  • Künstlichen Horizonten
  • Wendezeigern
  • Kurssystemen (Kreiselkompass)
  • Trägheitsnavigationssystemen (dort zur Stabilisierung der Plattform)
  • stabilisierten Plattformen, z.B. in Waffenanlagen.

Kreisel Kreisel besitzen Eigenschaften, die sie für eine solche Anwendungen gut geeignet erscheinen lassen. Rotierende Kreisel sind raumstabil, d.h., sie behalten ihre Lage im Raum bei, unabhängig von der Bewegung des sie umgebenden Luftfahrzeuges. Nebenstehend sind die grundsätzlichen Merkmale des Kreisels aufgezeichnet; die Kraft F treibt den Kreisel an. Das Drehmoment M des Kreisels steht senkrecht dazu auf der Kreiselachse. 
Dieses Drehmoment spielt eine Rolle bei allen weiteren Betrachtungen von Kreiselwirkungen, wobei die Auswirkungen der Kreiseltheorie bis in die Aerodynamik reichen; schließlich sind auch Trag- und Heckschrauben und Verdichter sowie Turbinen große Kreisel, deren Kräfte und Momente nicht zu vernachlässigen sind. Insbesondere die Neigung des Tragschraubenkegels verursacht große Auswirkungen.

Kreiselpräzession Da Kreisel ihre einmal eingenommene Lage im Raum beizu­behalten versuchen, ergeben sich Beson­der heiten beim Einfluss von Kräften auf diesen rotierenden Kreisel.
In nebenstehendem Bild ist der Vektor des Drehmoment des Kreisels nach rechts gerichtet und behält diese Lage bei (1). Versucht man nun, den rotierenden Kreisel in seiner Gesamtheit entgegen dem Uhrzeigersinn horizontal zu drehen (2), hat diese von außen verursachte Bewegung natürlich auch ein eigenes Drehmoment, dessen Vektor (3) hier senkrecht nach oben gerichtet ist. Die darauf folgende Bewegung des Kreisels bewirkt ein Wandern des Kreisel-Drehmomentes in Richtung des störenden Drehmomentes (4). In vorliegendem Fall führt das also zu eines Linksneigung des Kreisels.

Einfach ausgedrückt: die Lage Kreiselachse wird durch die äußere Bewegung verändert. Die Kipprichtung ist die um 90° in Drehrichtung des Kreisels versetzte Stördrehung.

 

Diese Bewegung wird Präzession genannt und ist für viele Meß- und Korrekturvorgänge von Bedeutung. Ein Wendezeiger zum Beispiel bezieht seine Meßgröße aus eben dieser Präzession.

Vollkardanische und halbkardanische Kreise

In der Praxis werden Kreisel für die unterschiedlichen Zwecke als halb- oder vollkardanische Kreisel ausgeführt.

  • Vollkardanischer Kreisel

    Prinzip des vollkardanischen Kreisels Für die Anwendung in einem künstlichen Horizont einfacherer Bauart muss der Kreisel so aufgehangen werden, dass sich das Luftfahrzeug vollständig um ihn drehen kann. Der Kreisel hat dann 3 Freiheitsgrade, d.h., er kann sich um alle 3 Achsen unseres Koordinatensystems drehen. Dieser vollkardanische Kreisel (hier horizontal eingebaut, damit er uns eine Horizontale anzeigen kann) wird in 2 Rahmen aufgehangen, einem inneren und einem äußeren. Die Befestigung des äußeren Rahmens (=das Luftfahrzeug) kann sich auf Grund der 3 Freiheitsgrade völlig frei um diesen Kreisel drehen. Die dargestellte Konstellation ist für die meisten künstlichen Horizonte ausreichend.

    Mehr Aufwand wird betrieben, wenn er in hoch manövrierfähigen Flugzeugen eingesetzt wird, denn hier kann es bei extremer Schräglage oder Längsneigung dazu kommen, dass die beiden Rahmen, die hier standardmäßig 90° zueinander stehen, in der selben Ebene liegen und sich quasi gegenseitig blockieren. Für solche Fälle werden Kreisel mit so genannten Folgerahmen aufgebaut. Bei diesen wird um den äußeren Rahmen noch ein weiterer Folgerahmen gesetzt, der nochmals um 90° verdreht ist. Damit ist in jedem Falle gewährleistet, dass die Rahmen sich nicht gegenseitig blockieren können.

    Prinzip des vollkardanischen Kreisels mit Folgerahmen
  • Halbkardanischer Kreisel

    Prinzip des halbkardanischen Kreisels In einem Wendezeiger kommt ein halbkardanischer Kreisel zum Einsatz. Der Kreisel hat nur 2 Freiheitsgrade, er ist in einem drehbaren Rahmen aufgehangen. In der gezeigten Grafik kann sich der Hubschrauber unbehelligt um seine Längsachse nach links oder rechts drehen, der Kreisel behält seine Raumlage bei. Dreht sich das Luftfahrzeug dagegen um seine Hochachse, d.h., der Rahmen wird gemeinsam mit dem Kreisel gedreht, wird der Kreisel in seiner Bewegung gestört. Es tritt die oben beschriebene Präzession auf. Die Drehung des Luftfahrzeuges um die Hochachse verursacht eine Neigung des Kreisels nach rechts oder links, da der um die Hochachse nicht drehbare Kreisel mit einer Präzessionsbewegung reagiert.
    Die Präzessionsauslenkung des Kreisels ist um ein Vielfaches größer als die scheinbare Neigung durch die Schräglage. Mit verschiedenen mechanischen Mitteln wird die Reaktion auf eine vernünftiges Anzeigemaß gebracht.

Lageänderung des Kreisels in Bezug auf die Erde

Die weiter oben beschriebene Raumstabilität des Kreisels ist zwar die Voraussetzung für eine präzise Messung unterschiedlichster Angaben, jedoch ist sie nicht in jedem Falle dem Zweck dienlich. Die Raumstabilität bezieht sich auf den Weltraum und nicht auf die von uns als Maß der Dinge betrachteten Erdoberfläche. Der einmal rotierende Kreisel versucht seine Lage im Weltraum beizubehalten. Bei der Anwendung auf der Erde führt dies zu Problemen, da die Erdoberfläche sich gegenüber dem Weltraum bewegt und die Orientierung ändert.

Änderung der relativen Lage eines vollkardanischen Kreisels in Bezug auf die Erdoberfläche mit fortschreitender Zeit In der Grafik wird ein senkrecht ausgerichteter Kreisel (z.B. auf einen Fixstern ausgerichtet) aufgestellt. Mit fortschreitender Zeit führt die Erde eine Drehung aus, und unser gewünschtes Bezugssystem "Erdoberfläche" verändert seine Lage gegenüber dem Weltraum. Rotierte dieser Kreisel am Äquator 6 Stunden unbeeinflusst, so würde er dann eine Neigung von 90° (Längs- oder Querneigung, je nach Standrichtung des Luftfahrzeuges) anzeigen. Selbiges Phänomen tritt auch auf, wenn man sich vom Äquator in Richtung Nord- oder Südpol bewegt. Die Kreiselachse zeigt noch immer auf den zu Beginn des Fluges als Bezug genommenen Fixstern.

In der Praxis müssen für eine konstante Ausrichtung des Kreisels zur Erdoberfläche folgende Korrekturfaktoren berücksichtigt werden:

  • Scheinbare Auswanderung der Kreiselachse infolge der Erddrehung
  • Scheinbare Auswanderung der Kreiselachse bei Bewegung (Flug), da infolge der Erdkrümmung an jedem Ort eine gegenüber dem vorherigen Ort geneigte örtliche Vertikale und/oder N-S- und/oder O-W-Achse existiert
  • Corioliskräfte bei Bewegung des Kreisels (Flug) nach Norden/ Süden
  • Zentripetalkräfte beim Flug. 

Die beiden letztgenannten Kräfte sind in ihrer Auswirkung erheblich kleiner als die Folgen der Erddrehung bzw. Eigenbewegung über die Erde und werden nicht in jedem Falle berücksichtigt.

Die relativen Lageänderungen eines Kreisels müssen ausgeglichen werden, um stets die richtige Fluglage in Bezug auf die Erde anzuzeigen. Je nach Anforderung und Gerät werden dazu unterschiedliche Steuermechanismen eingesetzt, die zum Teil erheblichen Aufwand bedeuten. Varianten sind:

  • Messung der Abweichung der Kreiselachse aus der Mitte des Achslagers während des unbeschleunigten Fluges. Daraus wird eine Korrekturspannung abgeleitet, welche über einen Elektromotor den Kreiselrahmen dreht und so eine Präzession hervorruft, die die Kreiselachse wieder in die richtige Position bringt. Eine solche Vorgehensweise ist z.B. in der Mi-x mit einem Elektrolyt-Pendelschalter realisiert, der im künstlichen Horizont und weiteren Geräten zu finden ist.
  • Integralkorrektur mit Steuerwerten aus der Beschleunigungsmessung - in aller Regel bei Trägheitsnavigationsanlagen verwendet, die eine kreiselstabilisierte Plattform haben. Die Anlage ermittelt infolge der Beschleunigungsmessung jederzeit die aktuelle geografische Position und führt über diese eine in der Größe angemessene Korrektur (ebenfalls über Ansteuerung des Kreiselrahmens - Präzession) aus.

Wendezeiger

Der Wendezeiger dient der Anzeige der Drehung um die Hochachse des Luftfahrzeuges und erlaubt dabei eine quantitative Abschätzung der Winkelgeschwindigkeit.

Grundlage ist ein halbkardanisch aufgehängter Kreisel, der bei der Drehung um die Hochachse des Luftfahrzeuges (da er gemeinsam mit diesem gedreht wird) eine Präzessionsbewegung ausführt, die zur Anzeige gebracht wird.

Zur Funktion

Wendezeiger in der Mi-8, Funktionsprinzip Wendezeiger-Anzeige in der Mi-8 (und der MiG-21 :-) ) Der Hubschrauber dreht sich -angenommen- im Uhrzeigersinn gemeinsam mit dem Kreiselrahmen. Das verursacht eine Präzessionsbewegung des Kreisels gemäß den weiter oben beschriebenen Gesetzmäßigkeiten. Der Kreisel kippt nach links. Über einen Hebelmechanismus wird die Drehrichtung umgekehrt und mit einem Zeiger die Stärke der Präzession zur Anzeige gebracht. Die Auslenkung wird mit Federn wieder gegen 0 gebracht, so dass stets nur die aktuell anliegende Präzession (Kraft) eine Anzeige bewirkt. Fällt die Drehung um die Hochachse weg, ziehen die Federn die Anzeige wieder auf 0. Weiterhin wird die Bewegung gedämpft (Luftdämpferelement nicht dargestellt), um eine zu ruhige Anzeige des sehr empfindlichen Gerätes zu erreichen.

Der Wendezeiger ist mit der Libelle in einem Anzeigegerät vereint. Diese Stahlkugel in einem gebogenen ölgefüllten Glasröhrchen Zeigt die aktuelle seitliche Abweichung des Gewichtskraftsvektors gegenüber der Hubschrauberhochachse an. Bei richtig ausgeführten normalen Flugzuständen befindet sich die Kugel innerhalb der Markierung ("Käfig").

Prinzipiell wird die Anzeige auch von der Schräglage des Hubschraubers beeinflusst. Der Einfluss und damit die Auslenkung durch die Präzession sind jedoch um ein Vielfaches größer. Der Hebelmechanismus bringt die Anzeige auf ein brauchbares Maß. Die Schräglage fällt damit nicht nennenswert ins (Anzeige)Gewicht. Wird die Kurve sauber geflogen -Kugel in der Mitte- entspricht bei 500km/h die Skalenangabe der Schräglage (für die Mi-8 nicht erreichbar, aber das selbe Gerät wird auch in einer MiG verwendet).

Künstlicher Horizont

Der künstliche Horizont ist eines der wichtigsten Fluginstrumente, da er die räumliche Lage des Hubschraubers in der Luft zur Anzeige bringt. Es werden die Längs-und Querneigung dargestellt, was im Falle der Nichtsichtbarkeit der natürlichen Horizontlinie (schwierige Wetterbedingungen, nachts) notwendig wird. Grundelement ist ein vollkardanisch aufgehangener Kreisel mit senkrechter Kreiselachse. Zum Einsatz kommt ein System mit einem inneren und einem äußeren Rahmen, so dass sich der Hubschrauber vollständig um den Kreisel drehen kann. Auf Grund der relativ unkomplizierten Flugmanöver, die eine Veränderung von Quer- und Längsneigung in nur einem relativ geringen Rahmen zulassen, wird beim Hubschrauber auf eine aufwendige Realisierung mit Folgerahmen usw. verzichtet. Dies wird i.d.R. nur bei voll kunstflugtauglichen Luftfahrzeugen angewendet.

Künstlicher Horizont AGB-3K in der Mi-8 Der Kreisel bewahrt die Lage seiner Achse im Raum. Eine Drehung des Luftfahrzeuges um die Längsachse, was einer Querneigung entspricht, wird mechanisch auf eine Flugzeugsilhouette übertragen. Diese dreht sich über eine Zahnradansteuerung entgegengesetzt, so dass am Künstlichen Horizont bei einer Rechtsneigung des Hubschraubers die Silhouette ebenfalls nach rechts dreht. Bei einer Drehung um die Querachse (Auftreten von Längsneigung) wird die Verdrehung des inneren gegenüber dem äußeren Rahmen über einen Drehmeldegeber abgenommen. Das der Verdrehung analoge elektrische Signal wird auf einen Motor geleitet, der eine Bandskale mit Längsneigungs-Markierungen in Bewegung setzt. Über den Rückkopplungsmechanismus Drehmeldegeber-Drehmeldeempfänger wird sichergestellt, dass die Bandskale einen der Verdrehung analogen Anzeigewert darstellt. In diesen Rückkopplungskreis greift eine Stellschraube ein, die die Horizontlinie so einstellen kann, dass sie beim Blickwinkel des Hubschrauberführers (Sitzposition!) auf 0 steht. In der Praxis erweist es sich oft günstig, die Horizontlinie knapp unter der Silhouette zu haben, dann fallen Abweichungen besser auf. Durch die Realisierung mit einer (endlichen) Bandskale können nur begrenzte Bereiche einer Längsneigung dargestellt werden, was für die Mi-8 jedoch völlig ausreicht.

Künstlicher Horizont AGB-3 in der Mi-8 Künstlicher Horizont in der Mi-24 Kommandosteuergerät Mi-24In Anbetracht der scheinbaren Auswanderung der Kreiselachse mit der Zeit durch die Erddrehung oder Flugbewegungen macht sich bei einem Künstlichen Horizont eine Korrektur notwendig. Dazu wird der Kreisel mit einem sogenannten Pendelschalter verbunden. Die Abweichung der Kreiselachse von der örtlichen Vertikalen wird mit diesem Schalter bestimmt, seine elektrischen Ausgangssignale steuern die Motoren für die Längs- und Querkorrektur an. Dabei wird die Längskorrektur mit einem Drehimpuls der Kreiselaufhängung um die Längsachse vorgenommen. Infolge der Präzession bewegt sich der Kreisel um seine Querachse, bis die Achse wieder senkrecht steht (Pendelschalter gibt dan kein Signal mehr ab). Analog erfolgt das bei der Querkorrektur, hier wird ein Korrektur-Drehmoment um die Querachse erzeugt. Das führt zu einer Präzessionsbewegung um die Längsachse, die ausgeführt wird, bis der Pendelschalter kein Signal mehr abgibt.

Fatal wäre eine solche Korrektur jedoch, wenn eine Abweichung der Kreiselachse von der örtlichen Vertikale durch eine Bewegung entsteht, wie etwa beim Kurvenflug. Daher wird beim Kurvenflug die Querkorrektur der Kreisels abgeschaltet. Dies realisiert ein Kurvenschalter (VK-53), der die Ansteuerung des entsprechenden Motors in der Kurve unterbricht. Eine Unterbrechung der Längsneigungskorrektur erfolgt bei diesem künstlichen Horizont nicht. Offensichtlich sind die Beschleunigungen in Längsrichtung nicht groß genug, um ein Fehlsignal beim Pendelschalter auszulösen. 
Die genaue Funktion eines solchen Pendelschalters wird im nachfolgenden Kapitel beschrieben.

In der Praxis wurde der AGB-3 mit einer zusätzlichen Libelle ausgestattet, damit muss der Blick beim Flug nicht ständig zwischen zwei weiter entfernten Geräten pendeln (Libelle ist sonst im Wendezeiger integriert). Technisch hat die Libelle jedoch keine Verbindung mit dem Künstlichen Horizont. In moderneren Hubschraubern wird der künstliche Horizont oftmals zu einem Kommandosteuergeräterweitert. In diesem werden dann neben der Anzeige von Quer- und Längsneigung oftmals weitere Parameter angezeigt. In der Mi-24 ist ein solches Gerät als zentrale Anzeige beim 1.HSF installiert, ein weiterer künstlicher Horizont dient nur als Notfallgerät.

Das Gerät verfügt ebenfalls über ein Schauzeichen, das mechanisch aus dem Blickfeld geschwenkt wird, sobald der Kreisel arbeitet. Mit dieser Information wird sichergestellt, dass der Hubschrauberführer nicht nach einen nicht funktionierenden Künstlichen Horizont fliegt. Erfolgt während des Fluges ein Ausfall des Künstlichen Horizontes durch Spannungsausfall, schwenkt das Schauzeichen ein und warnt damit den HSF.

Der künstliche Horizont arbeitet mit einer Dreiphasenwechselspannung, 3~36V, was eine besondere Umsetzung innerhalb des elektrischen Systems der Mi-8 bedingt. Dazu aber mehr in der Übersicht des elektrischen Systems.

In der Mi-8 sind 2 Künstliche Horizonte vorhanden, für den 1. und den 2.Hubschrauberführer. Der Horizont des 1.HSF (links) versorgt ebenfalls den Autopiloten AP-34 mit Lagesignalen, der dann in Abhängigkeit von der erkannten Fluglage selbständig Flugmanöver zur Beibehaltung der Fluglage durchführen kann. Wichtig wird dieser Umstand, wenn der linke künstliche Horizont ausfällt und der Autopilot daraufhin willkürliche oder falsche Manöver ausführt.

Kreiselvertikale

Eine Kreiselvertikale stellt im Luftfahrzeug eine örtliche Vertikale zentral zur Verfügung und gibt die Lageinformationen bezüglich Längs- und Querneigung elektrisch an angeschlossene Geräte weiter.
Damit gleicht sie funktionstechnisch dem Kreisel-Innenleben eines künstlichen Horizontes. Der künstliche Horizont wird jedoch in aller Regel als autonomes, mehr oder weniger kompaktes Gerät gebaut, während die Kreiselvertikale die Lageinformation zentral zur Verfügung stellt.

Eine Kreiselvertikale wird in vielen Fluggeräten eingesetzt. Im Umfeld meiner betrachteten Hubschraubertechnik kommt sie in der Mi-24 als "MGW-1 SU" zur Anwendung.

Aufbau und Wirkungsweise

Die MGW-1 ist eine Kreiselvertikale mit Kreiselstabilisierung. Ausgeführt wird sie mit 2 zweistufigen Kreiseln.

Die Plattform oder innerer Rahmen ist in einem äußeren Rahmen gelagert. Die Achse des äußeren Rahmens liegt in Richtung der Hubschrauberlängsachse.

Auf der Plattform sind 2 zweistufige Kreisel gelagert, deren Drehrichtung (Drehimpuls) entgegengesetzt ist. Die Rotationsachsen der Kreisel liegen parallel zur Hochachse des Hubschraubers. 

Die Achse des inneren Rahmens des oberen Kreisels (=Präzessionsachse) liegt parallel zur Längsachse des HS.
Die Achse des unteren Kreisels liegt parallel zur Querachse des HS.

Die Plattform besitzt 2 Freiheitsgrade bezüglich der Quer- und Längsachse des Hubschraubers. Die Drehung der Plattform bezüglich der Hochachse bleibt unstabilisiert.

Der Drehwinkel der eigentlichen Kreiselgehäuse um die Achse seines Rahmens ist per Anschlag auf ±5° begrenzt.

An allen Achsen sitzen Momentgeber, Stellmotoren sowie teilweise Flüssigkeitspendel, um die initiale Ausrichtung der Rahmen zueinander und zur örtlichen Vertikalen zu gewährleisten bzw. in Situationen, in denen äußere Momente auftreten (Kurvenflug usw.), die automatische Korrektur zu verhindern.

Schema der Kreiselvertikalen MGW-1, Darstellung ohne Korrektur- und Stabilisierungsmechanismen

Teilsysteme und deren Funktion

Stabilisierungssystem

Das Stabilisierungssystem kompensiert die Störmomente (äußere Momente) bezüglich der HS-Quer- und Längsachse. Sie entstehen durch Reeibung, Unwuchten oder Belastungen und führen zu einer Präzession der Plattform-Hochachse.

Ermittelt wird die Falschlage des Kreisels über Potentiometer-Winkelgeber zwischen Gehäuse und Plattform. Stellmotoren verstellen den äußeren Rahmen bezüglich des Gehäuses bzw. die Plattform bezüglich des äußeren Rahmens, verursachen damit eine Präzession des Kreisels, der damit den Rahmen wieder in die richtige Lage bringt.

Korrektursystem

Das Korrektursystem besteht aus einem Pendelschalter und einem Momentgeber, beides jeweils für den Längs- und Querkanal. Damit wird die Neigung der Plattform gegenüber der örtlichen Vertikalen bestimmt und über die Momentgeber (welche eine gezielte Präzession der Kreisel verursachen) wieder ausgeglichen. Beide Systeme werden bei Kurvenflug o.ä. mittels Kurvenschalter WK-53 ausgeschaltet.

Arretiersystem

Das Arretiersystem sorgt für die Herstellung der Arbeitslage bei Inbetriebnahme. 
Nach dem Zuschalten der Speisespannungen (nach ca. 2 min) wird durch Drücken des Tasters "АРРЕТ" das Arretiersystem in Gang gesetzt. Wenn die Plattform nicht vertikal steht, wird die Plattform um die Quer- und Längsachse in Richtung der vertikalen Achse gedreht. Da dieser Vorgang i.A. am Boden erfolgt, ist die Ausrichtung nach der momentanen örtlichen Vertikalen korrekt. Die Kreisel stört die Ausrichtungsbewegung nicht, da sie auf Grund der großen Falschlage am Anschglag ±5° liegen und ihre Drehrichtungen entgegengesetzt sind. Die Plattform verhält sich daher wie ein normaler fester Körper.
Sobald die Abweichung der Plattform von der Vertikalen kleiner als 2° ist, unterbricht sich die Arretierschaltung. Die entdgültige Ausrichtung erfolgt über das Korrektursystem.

Kontrollsystem

Das System generiert ein Signal "ОТКАЗ", wenn einer der beiden Kreisel abgekippt ist. Das Signal tritt auf, sobald einer der Kreisel an seinem 5°-Anschlag liegt und wird über ein entsprechendes Leuchtfeld angezeigt.

Technische Daten
Arbeitsbereich Querneigung ±180°
Arbeitsbereich Längsneigung ±60°
Toleranz der senkrechten Lage bei feststehender Unterlage ±5'
Toleranz der senkrechten Lage bei beweglicher (schaukelnder) Unterlage ±15'
zu erwartende mittlere Toleranz im Flug ±30'
Geschwindigkeit des Anwachsens des Fehlers im Kurvenflug mit Winkelgeschwindigkeiten >0.3°/s 0.4°/min
Korrekurgeschwindigkeit 0.7...2°/min
Herstellung der Arbeitsbereitschaft 5min
Stromversorgung 3~36V, 400Hz

Anwendung der Kreiselvertikalen in der Mi-24

In der Mi-24 sind 2 Kreiselvertikalen des Typs MGW vorhanden. Beide werden gleichzeitig in Betrieb genommen und auf Funktion kontrolliert. Die MGW Nr.1 versorgt:

  • den künstlichen Horizont des Kommandosteuergerätes
  • das System der automatischen Hubschraubersteuerung SAU

Die MGW Nr.2 versorgt:

  • das Kurssystem
  • den Rechner der Waffenanlage
  • das Dopplernavigationssystem DISS
  • den Flugdatenschreiber SARPP
  • die Anzeige für Quer- und Längsneigung des 1.HSF ("Ersatz-künstlichen Horizont")

Einige Geräte erhalten ebenso von der Kreiselvertikalen das Signal "ОТКАЗ" und "ИСПРАВНОСТЬ": Kommandosteuergerät, künstlicher Horizont, Kurssystem und automatische Steuerung. Bei Übermittlung des Signals "Ausfall" werden die entsprechenden Geräte abgeschaltet.

Korrekturschalter für die Kompensation der Abweichung der Kreiselvertikalen

Elektrolyt-Pendelschalter SeitenansichtElektrolyt-Pendelschalter - Ansicht von obenDer Kreisel wird mit seiner Achse auf einem Korrekturschalter (Pendelschalter) gelagert. Dieser besteht aus einem mit Elektrolytflüssigkeit gefüllten Gehäuse, worin sich ebenfalls eine Luftblase befindet. Diese Luftblase zeigt den physikalischen Gesetzen folgend stets "nach oben" in Bezug auf die Richtung der wirksamen Gewichtskraft. Sofern der Kreisel richtig ausgerichtet ist, zeigt die Gewichtskraft beim Stand am Boden und beim unbeschleunigten Flug senkrecht nach unten, damit ist die Luftblase im Gehäuse zentral oben und verhindert einen Kontakt des elektrischen Anschlusses mit der (leitenden) Elektrolytflüssigkeit.

Steht die Achse des Kreisels nicht in gleicher Richtung mit dem Gewichtskraft-Vektor, zeigt die Luftblase nicht mehr in das Zentrum des Pendelschalters. Die Elektrolytflüssigkeit verbindet jetzt die elektrischen Kontakte, am Ausgang kann eine Spannung abgenommen werden, die der Abweichung analog ist. Die Elektrolytflüssigkeit ermöglicht einen veränderbaren Widerstand zwischen Ein- und Ausgang, analog dem Kippwinkel. Diese wird in einer elektrischen Verschaltung zur Korrektursteuerung der Kreiselachse (gezielte Präzession über Momentmotoren) genutzt. Ein solcher Fall tritt bei der oben beschriebenen Drehung der Erde oder einem Flug auf, bei dem geografische Länge bzw. Breite verändert werden. Aus diesem Grunde kann die Korrekturspannung am Ausgang für die Kompensation der Kreiselachsenwanderung gegenüber der örtlichen Vertikale der Erdoberfläche genutzt werden. Das Gesamtsystem Kreisel wird über einen Motor in die nun scheinbar richtige Lage gebracht, bis die Luftblase eine Korrekturspannung am Ausgang verhindert. In der Praxis wird eine Korrektur der Kreiselachse über einen Motor erreicht, der um 90° versetzt am Rahmen angreift und so gezielt eine Präzession des Kreisels verursacht (Momentmotor). Damit wird er in die "richtige" Stellung, senkrecht zu Erdoberfläche, gebracht.

Links: Die Erddrehung verursacht eine Auswanderung der Kreiselvertikalen. Rechts: Die Korrektur der Kreiselvertikalen bringt diese wieder in Position zur Erdoberfläche

Beim Einschalten der Kreiselgeräte nach dem Anlassen am Boden stehen die Kreiselachsen in der Regel ebenfalls nicht in der beabsichtigten Ausrichtung zur Erdoberfläche. Dies kommt gewissermaßen einer Erddrehung gleich, und es erfolgt automatisch eine Korrektur der Lage der Kreiselachse, bis die beabsichtige Lage erreicht ist.

Scheinbare Auswanderung der Kreiselvertikalen im Kurvenflug

Eine solche Auswanderung der Luftblase tritt ebenfalls auf, wenn sich das Luftfahrzeug in einem beschleunigten Flugzustand befindet. Demzufolge muss im Falle von Kurvenflug, Fahrtaufholen, Abbremsen usw. mit dem Zustand des Pendelschalters anders umgegangen werden, da die scheinbare Abweichung der Kreiselachse von der Erdoberfläche-Senkrechten nicht existiert. Daher wird im künstlichen Horizont die Querkorrektur der Kreiselachse mit einem Kurvenschalter (ein eigenes Kreiselaggregat analog dem Wendezeiger ohne Zeiger, aber mit elektrischem Ausgang) abgeschaltet.

Kurssystem

Das Kurssystem der Mi-Hubschrauber arbeitet auf der Basis eines kreiselstabilisierten Magnetkurses. Ein vollkardanischer Kreisel mit horizontaler Achse dient als Bezug, wobei der angezeigte Kurs dieses Kreisels beständig korrigiert werden muss. Die Korrekturen erfolgen durch:

  • die Breitengradkorrektur
    Diese ist notwendig, da sich der Kreisel (hier unerwünscht) raumstabil verhält und eine Kompensation der Veränderung der Kreiselachse in Bezug auf die Erdoberfläche abhängig von der momentanen geografischen Breite erfolgen muss. Die Grundlagen bzw. Ursachen sind hier beschrieben.
  • die Magnetkorrektur
    Ein magnetischer Induktionsgeber misst ständig den magnetischen Kurs und korrigiert die durch den Kreisel angezeigte Richtung. Die Korrektur erfolgt relativ langsam, so dass die systematischen Kreiselfehler ausgeschaltet werden, jedoch kurzzeitige Schwankungen im Erdmagnetfeld nicht als Schwingungen auf die Anzeige wirken können.

Das Kurssystem kann in mehreren Betriebsarten arbeiten:

  • Betriebsart "MK"
    Standard-Betriebsart. Der Kreiselkurs wird ständig durch den gemessenen und fehlerbereinigten Magnetkurs korrigiert.
  • Betriebsart "GPK"
    Das Kreiselsystem ist alleiniger Kursgeber. Die Magnetkorrektur wird abgeschaltet, lediglich die vom Steuerpult erzeugten Signale zur Breitengradkorrektur werden als Korrektur verarbeitet. Wichtig wird diese Betriebsart bei Unzuverlässigkeit oder Beschädigung des Magnetinduktionssystems, wie es z.B. bei Magnetanomalien oder nach Kernwaffeneinsatz auftritt. Diese Betriebsart entspricht einem richtigen "Kreiselkompass"
  • Betriebsart "Inbetriebnahme"
    Es erfolgt die automatische Abstimmung des Systems anhand des Magnetkurses mit 45-60°/s, unabhängig von der Stellung des Betriebsartenschalters.
  • Betriebsart "Automatische Abstimmung"
    Hierbei wird automatisch die hohe Abstimmgeschwindigkeit beim Umschalten des Systems von "GPK" nach "MK" eingeschaltet, wenn die Abweichung zwischen beiden größer als 2° ist.
  • BA "Kontrolle"
    Hierbei wird dem Induktionsgeber elektromagnetisch eine Stellung von 0° und 300° "vorgetäuscht". Damit wird die Kontrolle der richtigen Anzeige möglich.

Im Notbetrieb, wenn die Betriebsart "MK" nicht möglich ist (Ausfall oder Störung der Magnetkorrektur), kann eine Sollkursvorgabe erfolgen. Die Richtung kann anhanhd von Orientierungslinien am Boden bestimmt werden, und der geflogene Kurs wird als derzeitiger Sollkurs in das System eingegeben.

In der Mi-8 sind im Laufe der Zeit zwei unterschiedliche Systeme eingesetzt worden. Bis 1971 wurde das System KS-3 eingebaut, welches über einen Folgerahmen im Kreiselsystem verfügte, um den Fehler zu verringern. Ab 1971 kam ein verbessertes System GMK-1 zum Einsatz, welches kein Folgerahmen mehr enthielt. Wichtigster Teil des GMK-1 ist der unten dargestellte GIK (Kreiselinduktionskompass).

Induktionsgeber zur Bestimmung des Magnetkurses Kernstück des Messung des Magnetkurses ist der Induktionsgeber. Dieser besteht aus 2 Kernen, um die 2 Spulen gewickelt sind. an die eine Spule wird eine Steuer-Wechselspannung U1 gelegt. Die U1 ändert für das ebenfalls einwirkende Magnetfeld der Erde periodisch den magnetischen Widerstand. Die Wechselwirkung induziert in einer zweiten Spule eine Signalspannung U2, die proportional der Stellung des Induktionsgebers gegenüber der Nordrichtung ist. Zeigt die Symmetrieachse und damit die Längsachse des HS nach Norden, ist die U2 gleich 0, bei einem Winkel von 90° ist die Spannung U2 maximal.

Um stets eine auswertbare Spannung zu haben, wird eine Dreiecksanordnung von 3 Sonden genutzt. Damit entseht eine Dreiphasenspannung, die sich gut im System von Drehmeldegebern und -empfängern nutzen läßt. Die Stellung zur Nordrichtung wird in ein proportionales elektrisches Signal umgewandelt, welches für die Ansteuerung des Korrekturmechanismus im Kurssystem genutzt wird.

Prinzip und Struktur des Kurssystems GMK-1 Prinzip der Kursmessung (Kreiselinduktionskompass GIK) Der Kreisel hält seine Lage im Raum und zeigt damit eine Be­zugsrichtung an. Der Induk­tionsgeber misst den magnetischen Kurs und kor­rigiert, nach­dem er selbst über einen Korrekturme­chanismus geführt wurde, einen Dreh­meldegeber des Kreisel­kompass'. Damit wird nicht der Kreisel selbst, sondern nur die von ihm übermittelte Stellung in ihrem Wert verändert. Die Anzeige erfolgt gemäß dem vom Magnet­kompass korrigierten Wert. Der Korrekturmechanismus nimmt eine Richtigstellung der Viertelkreisdeviation vor, über einen Bandmechanismus kann die Abweichung alle 15° "programmiert" werden. Der korrigierte Magnetkurs kann an einer eigenen Anzeige abgelesen werden, diese befindet sich hinter dem linken HSF-Sitz. Abschließend wird die Differenz von anliegendem Magnet- und Kreiselkurs gemessen, das Differenzsignal wird zur Motorsteuerung für die Korrektur genutzt. Am Anzeigegerät in den Instrumentenpulten wird der kreiselstabilisierte Kurs zur Anzeige gebracht.
Die Korrektur des angezeigten Kreiselkurses durch den Magnetkurs erfolgt mit einer Geschwindigkeit von ca. 2...5°/Minute. Damit kann der systematische Fehler des Kreisels korrigiert werden, kurzzeitige Änderungen des Erdmagnetfeldes haben dann keine Bedeutung. Für die Inbetriebnahme und Schnellabstimmung jedoch kann die Korrekturrate auf ca. das Sechzigfache erhöht werden, damit wird ein Einlaufen der Anzeige des (beliebig stehenden Kreisels) in wenigen Sekunden auf den Magnetkurs erreicht. 
Auf Grund der Veränderung der Lage des Kreisel gegenüber der Erdoberfläche mit fortschreitender Flugzeit und/oder sich ändernden geografischen Koordinaten wird das Kreiselaggregat so wie z.B. ein künstlicher Horizont in seiner Lage korrigiert. Dazu dient der bekannte Elektrolytpendelschalter, welcher die Abweichung von der örtlichen Vertikalen bestimmt und Signale an einen Momentmotor übermittelt und so den inneren Rahmen wieder in die gewünschte korrekte Ausrichtung bringt. Die Korrektur wird beim Kurvenflug durch den Kurvenschalter VK-53 abgeschaltet, um die in diesem Flugzustand auftretende anscheinende Fehllage des Kreisels nicht irrtümlich zu beheben.
Wichtig ist darüber hinaus die Einstellung der geografischen Breite des Flugraumes am Bedienpult (Nord-Süd und Wert). Damit wird die Abweichung der Vertikalen des Kreiselaggregates (der Kreisel selbst hat nur eine horizontale Achse) korrigiert, wie sie mit der Erdrotation auftritt. Die Abweichung der örtlichen Vertikalen von der Vertikalen des Kreiselaggregates mit der Erdrotation ist von der geografischen Breite abhängig und muss daher in unterschiedlichen Fluggebieten auch unterschiedlich korrigiert werden.

Technische Daten Kurssystem
ParameterWert
Stromversorgung =27V, 3~36V, 400Hz
Zeit für Betriebsbereitschaft 3 Minuten (MK), 5 Minuten (GPK)
Fehler Bestimmung MK
Fehler bei Kreiselkurs 2°/Stunde
Geschwindigkeit der Magnetkorrektur 2...6°/Minute
Geschwindigkeit der Schnellkorrektur > 6°/Sekunde
Geschwindigkeit der Sollkursvorgabe 2°/Sekunde

Bestandteile des Kurssystems

  • Anzeige UGR-4UK
  • Kreiselaggregat GA-6
  • Induktionsgeber ID-3
  • Korrekturmechanismus KM-8
  • Abstimmmechanismus AS-1
  • Steuerpult PU-267

Inbetriebnahme Kurssystem GMK-1

Korrekturmechanismus mit Anzeige des korrigierten Magnetkurses hinter dem Sitz des HSFAnzeige Kurssystem am InstrumentenpultSteuerung Kurssystem am rechten Seitenpult

  • Stromversorgung 27V= und 3~36V
  • Sicherungsautomat (SA) "GMK-1"
    Dabei schaltet ein Zeitrelais, welches für 40-60 Sekunden die automatische Schnellabstimmung einschaltet ("Inbetriebnahme")
  • Kontrolle Umschalter "Nord-Süd"
  • Geograf.Breite auf Flugraum einstellen (ca. 52°)
  • nach Ablauf von 60 Sekunden auf BA "MK" stellen
  • Taster "Kontrolle 0-300" in beide Richtungen betätigen. Der gewählte Sollwert muss ±10° angezeigt werden. Zur Kontrolle leuchtet das Leuchtfeld "?????"auf.
  • Einlaufen auf den Standkurs nach Loslassen des Tasters kontrollieren
  • Auf GPK schalten
  • Sollkurs-Taster betätigen, Auslenkung kontrollieren
  • Einlaufen auf den Standkurs nach Loslassen des Tasters kontrollieren.

Kreiselkompass

Der Kreiselkompass ist als Gerät insbesondere in der Schifffahrt unentbehrlich, kommt jedoch in auch anderen Situationen zum Einsatz, beispielsweise als hochgenaue Referenz im stationären Bereich. Besonderheit des Kreiselkompass' ist die selbstständige Ausrichtung auf die Nord-Süd-Richtung.
Allerdings ist er für Luftfahrzeige nicht geeignet, da die beständige Beschleunigung und Bewegung des Systems große Fehlerquellen und Abweichungen in sich birgt, wie weiter unten gezeigt wird. Das Funktionsprinzip unterscheidet sich maßgeblich von der eines Kurskreisels, dessen Nordrichtung quasi künstlich vorgegeben und infolge der Kreiselgesetze beibehalten wird.

Prinzipieller Aufbau eines KreiselkompassDer Kreiselkompass besteht in seiner klassischen Ausführung aus einem gefesselten Kreisel; er ist zwar kardanisch aufgehangen, hat jedoch nur 2 freie Bewegungsebenen, während die dritte durch die Schwerkraft erzwungen wird.
Der Kreisel ist so aufgehangen, dass er sich um seine eigene Achse frei drehen kann, ebenso kann der Kreiselkäfig um den Aufhängepunkt frei gedreht werden, der Drehpunkt des Käfigs fällt nicht mit seinem Schwerpunkt zusammen. Der drehende Kreisel hat nun infolge des Drehimpuslerhaltungssatzes das Bestreben, seine Stellung im Raum (wobei das hier unser imaginäres Universum ist) beizubehalten. Für eine echte Anwendung auf der Erde ist diese Konstanz gar nicht so vorteilhaft, da wir i.d.R. alle Vorgänge in Bezug auf die Erde bestimmen möchten.

Kreiselkompass: Veränderung der Stellung des Kreisels mit fortschreitender Erddrehung

Bleibt nun der rotierende Kreisel in seiner Position und die Erde dreht sich unter ihm hinweg, so steht der Kreisel nach einiger Zeit mit einer Schräglage im Raum. Infolge der Aufhängung des Käfigs (Drehpunkt außerhalb des Schwerpunktes) versucht nun die Gravitationskraft, den Kreisel so zu kippen, dass seine Rotationsachse wieder parallel zur Erdoberfläche liegen würde. Das Bewegen der Kreiselachse verursacht jedoch eine Präzession, da der Drehimpuls-Vektor ja in seiner Richtung geändert wird. Die Präzession bewirkt eine Drehung um den Aufhängepunkt (da die Ebene parallel zur Erdoberfläche liegt, kann sie schlecht zeichnerisch dargestellt werden) in der Art, dass die Achse sich parallel zur Nord-Süd-Achse der Erde ausrichtet (zumindest am Äquator; nördlich oder südlich davon ist sie gegenüber der Erdachse nach Norden bzw. Süden geneigt). Steht die Achse in Nord-Süd-Richtung, hat die Schwerkraft keinen Einfluss mehr auf die Richtung der Kreiselachse - sie kann nur den Kreisel insgesamt bewegen, ohne die Kreiselachse auszulenken.
In der Realität kommt es nicht zu so einer starken Neigung der Kreiselachse infolge der Erddrehung, denn der Vorgang setzt bereits bei einer noch so geringen Neigung ein. Dementsprechend ist die beschriebene Selbstausrichtung ein kontinuierlicher Vorgang, der nach endlicher Zeit zu einer Ausrichtung in Richtung der geografischen Pole führt.
Theoretisch würde die Ausrichtung so verlaufen, dass anfänglich eine große Kraft (Präzession) die Kreiselache in Nord-Südrichtung zwingt; mit zunehmender Annäherung wird die Kraft immer kleiner - und im Punkt der optimalen Ausrichtung (Nord-Süd) sollte die Präzessionsbewegung zum Stillstand kommen. Praktisch wird die Kraft zwar auch kleiner, jedoch bewirkt die Trägheit, dass dich die Achse über den "Nullpunkt" hinausbewegt. Dann setzt der entgegengesetzte Vorgang ein; es ist also ein Pendelvorgang, der erst nach endlicher Zeit zu einer Ruheposition führt. Die Periode für ein solches schwingendes System auf der Eroberfläche beträgt 84,4 Minuten (Schuler-Periode); diese lange Zeit ist also bei der Inbetriebnahme eines Systems normalerweise einzuhalten, denn vorher läuft der Kreisel zwar, jedoch sind die Abweichungen und Pendelbewegungen im Grunde zu groß. Das ist durch die Physik bedingt und keine Schwachstelle des technischen Systems.
Da sich jedoch die Erde kontinuierlich weiter dreht, setzt sich die Korrekturbewegung auch kontinuierlich fort, und das System kommt im Grunde niemals zum Stillstand.

Die Beschreibung der Ausrichtung gilt genau genommen nur für eine Bewegung in Ost-West-Richtung. Bei einer Bewegung in Nord-Süd-Richtung kommt es zu Abweichungen.
Bei einer Bewegung nach Norden/ Süden  hat die Kreiselachse natürlich ebenso das Bestreben, ihre räumliche Ausrichtung beizubehalten; die Schwerkraft verursacht jedoch, wie oben für die Ost-West-Auswanderung beschrieben, eine Neigung der Kreiselachse in Richtung paralleler Ausrichtung zur Erdoberfläche. Die Kreiselachse wird sich also bei einer Bewegung nach Norden infolge der Schwerkraftwirkung auch nach Norden neigen. Diese Neigung der Kreiselachse bewirkt aber eine (unerwünschte) Präzessionsbewegung, so dass die Kreiselachse im Anschluss nicht mehr in der Ebene der Nord-Süd-Achse liegt, sondern nach Osten bzw. Westen verdreht ist (je nach Drehrichtung des Kreisels). Die Größe der Auslenkung aus der Nord-Süd-Richtung ist abhängig von der Größe der Bewegungsgeschwindigkeit; bei 20 km/h entlang eines Meridians beträgt die Missweisung 0.5°, bei 1600 km/h (Umfangsgeschwindigkeit der Erde am Äquator) 45°. Diese Abweichung ist unter anderem mit ein Grund, den Kreiselkompass nur für sich relativ langsam bewegende Fahrzeuge (Schiffe) einzusetzen.
Die zunehmende Neigung der Kreiselachse macht auch klar, dass mit Annäherung an die geografischen Pole die Anzeigen unzuverlässiger werden und das Gerät am Pol gar nicht mehr arbeiten kann; denn dann steht die Kreiselachse senkrecht auf dem Erdboden und es gibt keine horizontal orientierte Präzessionsbewegung mehr. In Polnähe ist daher eine andere Technik erforderlich; man nutzt hier Trägheitsnavigationssysteme, die auf durch 3 Kreisel stabilisierten Plattformen arbeiten.

Schema des Anschütz-Kugelkompass (Quelle: Uni Kiel / Prof. Dr. A. Piel / Dieter Lohmeier in den Schriften der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek) Schema des Anschütz-Kugelkompass (Quelle: Uni Kiel / Prof. Dr. A. Piel / Dieter Lohmeier in den Schriften der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek) Kreiselkompass - Kugelkompass von Anschütz (Quelle: Wikipedia.de/ Stahlkocher)

Das beschriebene Kreiselkompass-Funktionsprinzip geht auf eine Entwicklung von Hermann Anschütz-Kaempfe zu Beginn des 20.Jahrhunderts zurück, der damals eine Magnetkompass-Alternative für die (Unterwasser-) Schifffahrt suchte. In die weiteren Entwicklung der Geräte im Laufe der Jahre war ebenfalls Albert Einstein involviert, der hier entscheidende technische Ideen beisteuerte.  Weiterentwicklungen führten seinerzeit zu einem 2-Kreisel-System, in dem zwei um 90° versetzte Kreisel arbeiten, beide zudem noch optimal mechanisch und mit geringer Reibung gekapselt (Kugelkompass von Anschütz). Die Käfige beider Kreiselsysteme sind federnd aufgehangen und mechanisch gegenläufig miteinander verkoppelt. Damit ist der Einfluss eines schlingernden Schiffes weitgehend zurückgedrängt. Beide Kreisel bewegen sich bei einer solchen Störung entgegengesetzt (was durch den Federmechanismus allerdings insgesamt schon gedämpft wird), so dass die zur Festlegung der Nordrichtung herangezogene Winkelhalbierende zwischen beiden Kreiseln konstant bleibt.

Kreiselkompass 1G17 im NVA-Einsatz (Quelle: rwd-mb3.de)In der NVA gab es (sowjetische) Kreiselkompassgeräte sowohl mobil (dann allerdings für den stationären Einsatz) beispielsweise für Vermessungsaufgaben sowie  in Fahrzeugen und gepanzerter Technik. Informationen dazu sind unter anderem bei rwd-mb3.de zu finden.