Sie sind hier:
Theorie · Technik > Navigationssysteme > Hyperbelnavigation

Hyperbelnavigationssysteme

Seiteninhalt

Phasendifferenzverfahren

Laufzeitverfahren

  • LORAN-A
  • LORAN-C, RSDN

Grundlagen - was ist Hyperbelnavigation?

Hyperbelnavigationsverfahren machen sich die Überlagerung der von mehreren Sendern ausgestrahlten Funkwellen zunutze.

Hyperbeln -die den Verfahren den Namen geben- entstehen, wenn man die kreisförmige Ausbreitung der Funkwellen von den Sendern aus betrachtet und beim Aufeinandertreffen beider Wellen jeweils die Punkte des gleichen Phasenzustandes (oder auch eines gleichen Entfernungsunterschiedes von den Sendern) miteinander verbindet.
Mit zunehmender Entfernung von der Basislinie aus, welche die beiden Sender direkt miteinander verbindet, wird die Zone zwischen zwei gleichen Zuständen immer mehr gedehnt; das bedeutet natürlich auch, dass dort die Genauigkeit einer Standortbestimmung immer geringer wird, während sie auf der Basis am größten ist.Die Ausstrahlung zweier Sender (rot und grün dargestellt) überlagern sich. Die Verbindung der Punkte gleicher Phasendifferenz ergibt eine Hyperbelschar.

Von einem Hauptsender aus werden Funksignale ausgesandt, ebenso von mehreren Nebensendern. Diese sind in genauer Weise mit dem Hauptsender synchronisiert. Am Empfangspunkt auf dem Schiff oder im Flugzeug werden die Signale aus den Senderpaaren empfangen; aus dem Verhalten der Wellen zueinander kann man die relative Position zwischen den beiden Sendern des Senderpaares bestimmen.

Werden nun die Ergebnisse von wenigestens zwei Senderpaaren genommen und die Standlinien (die in diesem Falle nahezu immer Hyperbeln sind) in eine Karte eingezeichnet, so ergibt sich aus deren Schnittpunkt der Standort des Empfängers. Im Idealfall stehen die Standlinien im Schnittpunkt 90° aufeinander, das ergibt die höchste Genauigkeit.

Die Auswertung der Funkwellen der Sender kann auf unterschiedliche Art erfolgen, und alle Verfahren sind mehr oder weniger erfolgreich angewendet worden (Aufzählung nicht vollständig):

  • DECCA (britische Entwicklung), misst die Phasendifferenz der empfangenen Signale am Standort
  • LORAN (US-Entwicklung,), Messung der Laufzeitunterschiede von den Sendern aus
  • OMEGA (US-Entwicklung), Messung der Phasendifferenzen
  • RSDN (Chayka, Tschaika, чайка als Synomyme für die UdSSR-Entwicklung, die vollständig kompatibel ist mit LORAN-C und die Laufzeitunterschiede von den Sendern aus misst)

Die Verfahren greifen auf recht niedrige Frequenzen zurück, die eine verhältnismäßig große Reichweite haben (im Bereich von Hunderten bis zu Tausenden Kilometern) und damit für ein weitflächig aufgespanntes Navigationsnetz prädestiniert sind.

Decca

Prinzip

Decca-LogoBeim Decca-Verfahren wird die Ortungsinformation aus der Messung des Phasenwinkels zwischen den von zwei Sendern empfangenen Signalen gewonnen.

Die Signale werden in Summe von (normalerweise) 4 Sendern ausgestrahlt, die als Kette (Chain) bezeichnet werden.:

  • Hauptstation (Master) A - "schwarz"
  • Nebenstation (Slave) B - "rot" 
  • Nebenstation (Slave) C - "grün"
  • Nebenstation (Slave) D - "purpur".

Die Farben werden zur Kennzeichnung der Senderbezeichnung genutzt und im technischen Sprachgebrauch auch so verwendet. Der Hauptsender und jeweils ein Nebensender werden gemeinsam zur Auswertung herangezogen. Das ergibt die 3 Senderpaare "Paar rot", "Paar grün" und "Paar purpur". Alle Sender sind hochgenau miteinander synchronisiert.

Im Einzelfall sind auch Ketten mit 2 oder 3 Nebensendern üblich; ebenso ist die Nutzung von Nebensendern gemeinsam in mehreren Ketten möglich und wurde auch so praktiziert.

Im Empfänger wird die Phasendifferenz zwischen den Wellen, die vom Hauptsender und jeweils einem der Nebensender ausgehen, gemessen. Daraus werden die Standlinien in den jeweiligen Senderpaar-Bereichen (Hauptsender + rot, Hauptsender + grün, Hauptsender + purpur) bestimmt, so dass am Ende 3 hyperbelförmige Standlinien zur Verfügung stehen. Auf einer Karte eingezeichnet, ergibt der Schnittpunkt der Standlinien den Standort des Empfängers. Die Überlagerung der Funkwellen des Haupt- und eines Nebensenders erzeugt Hyperbeln als Verbindungslinie gleicher Phasenzustände. An einem beliebigen Standort führt der Empfang beider Signale zu einer messbaren Phasendifferenz. Entstehung der Hyperbeln als Verbindungslinien von Orten gleicher Phasendifferenz zwischen den Senderpaaren A-B (rot) und A-C (grün)

Die Verbindungslinie vom Haupt- zu einem Nebensender wird als Basis bezeichnet; auf einer Linie, welche die Basis in der Mitte senkrecht schneidet, besteht keine Phasendifferenz. Entfernt sich der Empfänger von dieser Mittellinie, so tritt eine Phasendifferenz auf, die die Werte von 0° bis 360° durchlaufen kann, um dann wieder von neuem zu beginnen. Diese Phasendifferenz wird als Messwert herangezogen.

Auf der Basis liegen die Orte gleicher Phasendifferenz eine halben Wellenlänge der Vergleichsfrequenz auseinander.
Der Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Hyperbeln wird Kanal (im englischen Original Lane) genannt.

Die Frequenzen für Decca liegen zwischen 70 und 130 kHz.

Für jedes betriebene System (Kette, Chain) sind in Summe 4 oder 5 Frequenzen erforderlich, für jeden Sender eine eigene. Grund dafür ist, dass der Phasenunterschied zweier elektromagnetischer Wellen gleicher Frequenz, die sich überlagern, nicht direkt gemessen werden kann. Daher werden im Gesamtsystem der Sender mehrere Frequenzen verwendet, die zueinander in fester Beziehung stehen.

Ausgehend von einer Grundfrequenz, die bei etwa 14 kHz liegt, strahlen die Sender mit folgenden Frequenzen ihr Signal ab:

  • Hauptsender: 6f
  • Nebensender rot: 8f
  • Nebensender grün: 9f
  • Nebensender purpur: 5f.

Unter Bezugnahme auf die rechnerische Grundfrequenz von ca.14 kHz kommt man so zu den Senderfrequenzen (purpur: 14 kHz * 5=70 kHz, grün: 14 kHz * 9=126 kHz). Jede Decca-Kette (Chain) beinhaltet ihre eigenen 4 Sender, die sich in ihren Frequenzen natürlich von denen einer anderen Decca-Kette unterscheiden müssen; so wird bei jeder Kette die Grundfrequenz etwas anders aus dem Bereich um die 14 kHz ausgewählt.

Am Nebensender kann durch den Empfang des Hauptsender-Signals eine genaue Synchronisation erfolgen.

Im Empfänger werden die empfangenen Frequenzen durch Multiplikation auf eine Vergleichsfrequenz gebracht. Die Phasenlage der ursprünglichen Signale ändert sich dabei nicht, so dass mit der Vergleichsfrequenz eine exakte Messung der Phasenunterschiede vorgenommen werden kann. Für die einzelnen Senderpaare ergibt sich dabei folgender Gesamtfaktor der Grundfrequenz:

  • rot: 24f
  • grün: 18f
  • purpur: 30f.

Anhand der Vergleichsfrequenzen ergeben sich Kanalbreiten (Abstand auf der Basislinie, nach der sich die gleiche Phasendifferenz wiederholt) von ca. 350 m (purpur) bis 600m (grün).

Die Kanäle werden zu Zonen gebündelt, wobei diese Einteilung aus der Frequenzvervielfachung herrührt: eine Zone wird mit den Buchstaben von A aufwärts bezeichnet und entspricht der halben Wellenlänge der Grundfrequenz von etwa 14 kHz, also rund 10.6km auf der Basislinie. Auf Grund der Vervielfachung haben in einer Zone unterschiedliche Anzahlen von Kanälen Platz, je nach Farbe. Die Kanäle innerhalb der Zone bekommen entsprechend der Farbe eindeutige Nummern: Rot wird mit 0...23 bezeichnet, grün mit 30...47 und purpur mit 50...79.

Anzeige

Decometer, Decca-Anzeige auf einem Schiff Decca Navigator Mk21. Quelle: Wikipedia.Im Empfänger werden die Phasendifferenzen in den 3 Senderpaaren "rot", "grün" und "purpur" bestimmt und auf 3 so genannten Decometern zur Anzeige gebracht (auf nebenstehendem Gerät die 3 unteren). Das Decometer ist ein Zweizeigergerät, das mit dem großen Zeiger den Kanal und mit dem kleinen den Hundertstel-Bruchteil des Kanals anzeigt. Der Kanal wird dabei unter Berücksichtigung der eindeutigen Festlegung anhand der Farben bezeichnet; rot hat beispielsweise nur Kanäle von 0...23, purpur dagegen nur die Bezeichnungen 50...79.

Zusätzlich existieren am Decometer 3 Schauzeichen, wobei das wichtigste das Zonen-Kennzeichen ist. Mit jeder Umdrehung des kleinen Zeigers, der auf seiner Skala 1/100 der Kanalbreite anzeigt,  wird ein vollständiger Kanal zurückgelegt (der große Zeiger bewegt sich analog durch seine Kanalnummern). Eine volle Umdrehung des großen Zeigers bedeutet das Zurücklegen einer Zone - was mit dem Weiterschalten des Kennbuchstabens angezeigt wird.

Oberhalb der 3 Decometer befindet sich ein spezielles Grobortungs-Decometer, dessen Funktion weiter unten beschrieben wird.

Die Kanäle und Bruchteile der einzelnen Senderpaare werden in Spezialkarten eingezeichnet und können an Bord entsprechend der Decometer-Anzeigen schnell aufgesucht werden. Diese Karten sind damit allerdings auch Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Navigation.

Racal Decca MN2000. Bild: seefunknetz.deNeuere Empfangs- und Anzeigegeräte integrieren einen Rechner und machen die manuelle Arbeit mit den Decometern überflüssig und geben die Standort schon als Längen- und Breitengrade an. Allerdings sind solche Geräte erst mit der Verfügbarkeit von entsprechend kleinen Rechnern möglich geworden - was dem heutigen Leser vielleicht als lächerlich erscheint, aber angesichts eines Einsatzbeginns von 1947 doch eben erst reichlich spät ist.

Grobortung

Die vorstehend beschriebenen Merkmale sind für die genaue Navigation mit relativ hoher Auflösung erforderlich, daher wird sie hier als Feinortung bezeichnet. Die Feinortung basiert auf der Messung der Phasendifferenzen zwischen den Vergleichsfrequenzen der einzelnen Senderpaare und wird auf den 3 Hauptdecometern angezeigt.

Allen Hyperbelverfahren ist jedoch eigen, dass sie eine Mehrdeutigkeit bei der Ermittlung des Standortes aufweisen, denn in jeder Hyperbel wiederholt sich der Phasenabstand beider Signale und ist nicht von dem in einer beliebigen anderen Hyperbel zu unterscheiden. Durch Messung der Phasendifferenz wird ausschließlich die Position innerhalb eines Kanals (Lane) ermittelt, beim beschriebenen Verfahren also in der Genauigkeit von einigen hundert Metern (auf der Basislinie). Zur korrekten Standortermittlung muss daher von einem bekannten Startpunkt (Hafen, Flugplatz...) ausgehend die Anzahl der überquerten Hyperbeln mitgezählt werden. Das erledigt das Decometer zwar, indem bei jeder Zeigerumdrehung für die Kanalbruchteile der große Zeiger für den Kanal weiterdreht und in Folge auch den Zonen-Kennbuchstaben weiterschaltet. Jedoch gibt es im Falle eines "blinden Starts" von einer nicht bekannten Position aus trotz des Empfangs von gültigen Decca-Signalen keine Möglichkeit, den Standort korrekt zu bestimmen, da für das richtige Weiterzählen der Kanäle und Zonen ja der Ausgangspunkt bekannt sein muss.

Für die Verbesserung der Möglichkeiten wird noch eine Grobortung durchgeführt, die eine eindeutige Bestimmung des Kanals innerhalb der Zone zulässt, also auf jeden Fall eine Ortung innerhalb eines 10 Kilometer-Bereiches (auf der Basislinie, außerhalb wird dieser Bereich noch größer) zulässt. Damit muss dem Anwender seine eigene Position als Ausgangspunkt zur Navigation nur noch auf 10 km (oder entsprechend mehr, s.o.) bekannt sein.

Grobortung durch 14kHz-Grundfrequenz

Für die Grobortung (im Decca-Wortlaut "V-Type Transmission") werden zwei Funksignale in einem speziellen Sendemuster genutzt. Dazu werden 3 Mal pro Minute die normalen Übertragungen ausgesetzt und der Reihe nach für jedes Senderpaar andere Signale angelegt. Während dieser Zeit (was allerdings nur 0.5s sind) schweigen die anderen beiden Nebensender, so dass ausschließlich der Hauptsender und der eine betreffende Nebensender in Betrieb sind, beide jeweils mit 2 aktiven Transmittern. Um die verwendeten Frequenzbänder nicht weiter auszudehnen, wird zu einem Trick gegriffen: Für die kurze Identifikationsphase werden 2 Frequenzen von den in diesem Moment nicht erforderlichen Nebensendern "geborgt".

Der Hauptsender strahlt zum Zeitpunkt der Grobortung stets die Frequenzen Master und Purple aus (entspricht 6f und 5f), der betreffende Nebensender stets Red und Green (entspricht 8f und 9f). Damit wird an jedem Senderstandort auf zwei Frequenzen gesendet, deren Differenz jeweils die Grundfrequenz (~14 kHz) ist. Im Empfänger wird durch Mischung diese Grundfrequenz ermittelt, anschließend wird das Signal des Hauptsenders mit dem des Nebensenders in der Phase verglichen, so wie das schon in der Feinortung mit der Hauptsenderfrequenz passiert. Der Abstand zweier gleicher Phasen auf der Basislinie ist bei diesem Verfahren auf Grund der niedrigeren Frequenz natürlich sehr viel größer (~10.6km), so dass man eine Eindeutigkeit in dieser Größenordnung erzielt.

Sender der Kette und Frequenzen während der Fein- und Grobortungsphase
 Frequenz Feinortung (kontinuerliche Abstrahlung, außer in Grobortungszeit)Frequenzen GrobortungZeitpunkt Grobortungssignal
Hauptsender 6f 6f und 5f 0...0.5s / 15...15.5s / 30...30.5s
Nebensender Rot 8f 8f und 9f 0...0.5s
Nebensender Grün 9f 8f und 9f 15...15.5s
Nebensender Purpur 5f 8f und 9f 30...30.5s

Die Abstrahlungen zur Grobortung wiederholen sich jede Minute. Alle 15s gibt es ein Ortungssignal der 3 Nebensender (bei 0, 15 und 30s); damit bleibt nach der letzten Übertragung eine abweichende Pause von 29.5s, die eine Eindeutigkeit sicherstellt. Allein aus der Reihenfolge der Sendungen ist nun die Farbe des gerade übertragenen Signals abzuleiten.

Grobortungs-DecometeranzeigeFür die Anzeige dieser Grobortung wird ein viertes Anzeigeinstrument verwendet, in den gebräuchlichen Geräten oberhalb der 3 anderen angeordnet. Auf dieser Anzeige sind die Anzeigen für die 3 Paare rotgrün und purpur konzentrisch angeordnet. Jede Skale wird bei Empfang des entsprechenden Zusatz-Grobortungssignals auf einem Sender beleuchtet, so dass eine eindeutige Zuordnung des Zeigerwertes zu einer Senderfarbe erfolgen kann. Jede Anzeige wird für eine Zeit von 5 Sekunden gehalten und kann -entsprechend dem regelmäßig ausgestrahlten Zusatzsignal- 1 Mal in der Minute abgelesen werden.
Innerhalb der Skale zeigt ein sechsstrahliger Sternzeiger auf den jeweiligen Wert von rot, grün bzw. purpur, wobei derjenige Zeiger abgelesen werden muss, der sich innerhalb des Sektorzeigers befindet.
Der Sternzeiger wird angesteuert aus der versechsfachten Differenz der 8fachen und 9fachen Grundfrequenz (zu gewinnen aus rot und grün), die  mit der Hauptsenderfrequenz (6fach) in der Phase verglichen wird und damit eine unabhängige Ergänzung zur "ursprünglichen" Phasenmessung der Feinortung auf den 3 Hauptdecometern ist.
Der Sektorzeiger wiederum erhält seinen Wert aus der Phasendifferenz des oben geschilderten 14 kHz-Grobortungssignals; der Sektor entspricht 1/6 einer Zone. In dieser Zone muss sich der angezeigte Kanalwert befinden. Im hier dargestellten Grobortungs-Decometer würde also bei einer grün erleuchteten Skala der Wert 38,5 für den Kanal (Lane) abzulesen sein. Die in der Praxis übliche Art der Anzeige als Stern- und Sektorzeiger wurde aus Gründen der mechanischen Kompaktheit gewählt; der Sternzeiger muss sich nun nur noch auf 1/6 der Anzeige (Drehwinkel) beschränken, die Eindeutigkeit wird über den Sektorzeiger realisiert.

Multipuls-Verfahren

Das Multipulsverfahren ist eine Erweiterung gegenüber dem ursprünglichen Verfahren. Es wurde im Laufe der ersten Betriebsjahre entwickelt und ging erstmals 1962 in Betrieb. Die Umstellung aller Ketten auf das Multipuls-Verfahren zog sich bis Anfang der 70er Jahre hin. An der Nutzung der Decca-Ketten in ihrem ursprünglichen Sinne mit den originalen (älteren) Geräten änderte sich nichts, allerdings konnten so nicht die Erweiterungen und verbesserten Eigenschaften des Multipuls-Verfahrens genutzt werden.

Zielstellung des Multipulsverfahrens waren:

  • Vergrößerung des Grobortungs-Abstandes auf das 5-fache (rund 50km auf der Basislinie)
  • Verbesserung der Signalzuverlässigkeit, indem die Raumwelle durch Überlagerung der Einzelsignale ausgefiltert wird.

Das Verfahren konnte allerdings erst mit zunehmend komplexerer Technik erreicht werden, die Anfang der 40er Jahre, zum Zeitpunkt der Decca-Entwicklung, nicht zur Verfügung stand. Insbesondere sind im Empfänger abstimmbare und synchronisierbare hochgenaue Oszillatoren erforderlich.

Zusätzlich zu den etablierten Frequenzen wird an allen Senderstandorten ein zusätzliches Signal generiert, das mit 8.2f die Grundlage für die verbesserte Grobortung dient. Aus den 8.2f wird durch Mischen mit 8f ein 0.2f-Signal generiert, das die 5fache Wellenlänge der Grundfrequenz hat und somit eine Grobortung auf ca.50km (auf der Basis) erlaubt. In Summe werden nun folgende Frequenzen in der Decca-Kette verbreitet:

  • 6f (ursprünglich Hauptstation [Master] A) - "schwarz"
  • 8f (ursprünglich Nebenstation B) - "rot"
  • 9f (ursprünglich Nebenstation C) - "grün"
  • 5f (ursprünglich Nebenstation D) - "purpur"
  • 8.2f - "orange"

Die genannten Frequenzen werden nun nicht mehr nur von den einzelnen, ursprünglich vorgesehenen Sendern ausgestrahlt, sondern jeder Sender sendet in einer festgelegten zeitlichen Abfolge alle Frequenzen aus. Damit steht mit dem Empfang das komplette Frequenzspektrum zur Verfügung, woraus einfacher die Grundfrequenz generiert werden kann. Außerdem moduliert nun jeder Sender "seine" Frequenz mit 60 Hz, dass der Empfänger automatisch die richtige Anzeige (rot, grün, purpur) für die Grobortung (die nach wie vor 1 mal in der Minute erfolgt) ermitteln kann.
Zugleich werden die vier gleichzeitig empfangenen Signale für eine Aussage zur Zuverlässigkeit des Signals herangezogen: die Signale werden im Empfänger mit einer automatischen Verstärkungsregelung auf die gleiche Amplitude gebracht und überlagert. Störungen, die möglicherweise durch die Raumwelle auftreten, führen zu einer Verschiebung der Phasenlage und damit auch zu einer Verringerung der Summenamplitude. Als Kriterium für ein brauchbares Ortungssignal wird so einfach das Überschreiten von 90% der maximal möglichen Summenamplitude herangezogen. Der Empfang eines entsprechend starken Summensignals garantiert damit, dass die Ortungsdaten richtig sind.

Übertragungssequenzen der Kanalsender im Multipuls-Verfahren (20-Sekunden-Sequenz)

Für das Multipuls-Verfahren stehen nun folgende Ortungsinformationen zur Verfügung:

  • Grobortung mit 0.2f (umfasst einen Bereich von 5 Zonen, etwa 50km auf der Basislinie)
  • Grobortung mit f (1 Zone, die alle Kanäle enthält)
  • Feinortung durch Auswertung der vervielfachten Nebensender- mit der Hauptfrequenz.

Durch die neue Grobortung kann nun auch die Ortungssicherheit für schnell fliegende Flugzeuge verbessert werden; der Standort muss im Falle des "Neubeginns" einer Navigation (also auch im Fehlerfall nach Wiederaufnahme nach längerem Senderausfall) im schlechtesten Fall nur auf 50km genau bekannt sein - bei größerer Entfernung von der Basislinie steigt diese Entfernung noch an.

Standorte von Decca-Ketten

Decca ist als Verfahren in Großbritannien entwickelt worden und in Betrieb gegangen. Eine weltweite Durchsetzung, insbesondere in Amerika, ist nicht erfolgt, wohl auf Grund von Konkurrenz-Entwicklungen (LORAN) sowie dem Einsatz anderer Mittel (VOR, RNAV).

Der Einsatz der ersten Kette begann 1944, noch im 2.Weltkrieg in Großbritannien. Die letzte Kette wurde im Jahre 2000 außer Betrieb genommen, da andere Verfahren (einschließlich GPS) zunehmend die Aufgaben einer weltweiten, unkompliziert(er)en Navigation übernahmen.

Weltweite Standorte von Decca-Ketten
Land Letzter Betrieb Ketten
Australien 1989 8E, 4A
Bahamas ?1970  
Bangladesh >1985 6C
BRD 1992 3F
Canada 1986 9C, 6B, 2C, 7C
Dänemark 1999 7B
England 2000 5B, 3B, 2A, 1B
Finnland 1999 6E
Frankreich 1991 8B
Indien 2000 7B, 8B, 2F
Indonesien Testbetrieb  
Iran 1980 5C
Irland 2000 7D
Italien 1969, Testbetrieb  
Japan 2001

9C, 2C, 8C, 7C, 4C, 6C

Niederlande 1999

9B, 2E

Nigeria ?1983

8F, 3A, 7F, 2B

Norwegen 1997

7E, 9E, 3E, 4E, 0E

Schottland 2000

8E, 6C

Südafrika 2000

6A, 8A, 4A, 10C, 9C

Spanien 1995

4C, 6A

Straße von Hormuz 1978 Testbetrieb

 

Schweden 1999

5F, 8C, 4B, 0A, 10B

Vereinigte Arabische Emirate 1999

1C

USA <1985

5C

Vietnam 1968

?

Standorte von Decca-Ketten in Westeuropa. Nach: Decca, Radar en Satellietnavigatie, Hollandia BV, 1986.

Der Betrieb von Decca hatte eine gewisse Sonderstellung im Vergleich zu anderen, nationalen Navigationsmitteln: die Firma Decca übernahm die Installation und den Betrieb der Ketten (zumindest im direkten Einzugsbereich von Großbritannien) auf eigene Kosten. Im Gegenzug musste jeder(!) Nutzer von Decca das Empfangsgerät bei Decca käuflich erwerben oder mieten. Geräte anderer Hersteller gab es zumindest vorerst überhaupt nicht. An diese lizenrechtlichen Regeln wurde sich im Großen und Ganzen gehalten - was den Bereich des kommerziellen Einsatzes anging. Dennoch erschienen im Laufe der Jahre auch Geräte anderer Hersteller, die zu allem auch noch erheblich komfortabler waren als die Decca-Anzeigen (z.T. mit direkten Koordinatenermittlungen) - und so vor allem in den semiprofessionellen und privaten Seefahrtsbereichen Einzug hielten. Die lizenzrechtlichen Probleme wurden irgendwann mit Decca "geregelt", und seither gab es auch eine sauber gestattete Produktion durch andere Firmen.

Decca und die Anwendung in der DDR

Bordempfänger Decca Navigator Mk21. Quelle: Wikipedia.Auf Grund der Abdeckung des west- und mitteleuropäischen Raumes ist die Nutzung der im Westen installierten Decca-Ketten auch durch Nutzer aus der DDR bzw. anderer Staaten möglich gewesen, zumal es im technischen Verfahren keine Geheimnisse oder Codierungen gab, die eine Nutzung verhindert hätten.

Hauptnutzer einer Decca-Navigationsanlage war die Seefahrt. Im zivilen Bereich (Handelsmarine der DDR) war in Übereinstimmung mit den internationalen Gepflogenheiten für die Nutzung eine Decca-Bordanlage vorhanden, bis hin zum Decca Navigator Mk21. Die Nutzungsgewohnheiten entsprachen damit denen der üblichen westlichen Seefahrt.

Sowjetisches PIRS-1 Decca-Empfangsgerät. Quelle: Г.Г. Ермолаев: Морское судовождение PIRS-1M an Bord der 575 in Peenemünde. Quelle: Olpe/NVA-forum.de Im militärischen Bereich, der allerdings kaum der DDR allein zugeschrieben werden kann, sondern vielmehr den Warschauer Vertragsstaaten, ist die Anwendung der Decca-Ketten ebenfalls nicht unüblich gewesen; in der Ostsee war regelmäßig die Nutzung der Kette 7B (Dänemark) möglich. Auf verschiedenen (größeren) Schiffen der Volksmarine der NVA fanden sich Navigationsanlagen, die mit Decca umgehen konnten. Teilweise kamen auch hier originale(!) Decca-Bordempfänger zum Einsatz, ein anderer Teil wurde mit sowjetischen Empfangsanlagen PIRS-1 (PIRS-1, PIRS-1M, PIRS-1D) ausgestattet, die gleichermaßen das Decca-Signal verschiedener Ketten empfangen und verarbeiten konnte. Über die eventuell vorhandenen Übereinkommen zwischen der Firma Decca und sowjetischen Herstellern ist (mir) derzeit nichts bekannt, jedoch hätten diese wohl gemäß der internationalen Gepflogenheiten existieren sollen.

Ein in der Funktionsweise mit Decca identisches Verfahren ist mit BRAS-GALS für den militärischen Bedarf im Einsatz gewesen. Quellen sprechen vom Betrieb von 3 Senderketten auf dem Gebiet der DDR (selbstverständlich gab es auch Ketten in den anderen Staaten des WV), in Funktion gehalten durch den Seehydrografischen Dienst der DDR.
Eine Besonderheit von BRAS-GALS ist die hohe Mobilität, die für das System gewährleistet wird. Ein solcher Einsatz macht unter militärischen Bedingungen Sinn, erfordert jedoch ein großes Maß an Logistik (Vorbereitung von Karten) und Präzision (Einmessung des Standortes). Die Entfaltung einer Station auf dem Lande, die eine Fläche von etwa 60 x 80m benötigt, erfolgt in 6 bis 8 Stunden. Die Sendeleistung einer Station wird mit 15 kW angegeben.

Quellen und Literatur

RSDN-20, System "Alpha"

Das RSDN-20 (радиотехническая система дальней навигации) ist als Langstreckennavigationssystem in der Sowjetunion installiert worden, wobei hier wahrscheinlich vordringlich der militärische Aspekt die entscheidende Rolle gespielt hat. Die verwendete allgemeine Bezeichnung ("Fernnavigationssystem") lässt Ähnlichkeiten mit dem RSDN vermuten, allerdings setzt RSDN vollständig auf LORAN-C-Kompatibilität und nutzt Laufzeitmessungen, während das RSDN-20 als funktionsidentisches System zu OMEGA arbeitete. RSDN-20 wurde im Jahre 1957 aus der Taufe gehoben, 1962 gingen die ersten Stationen in Betrieb. Die vollständige Einsatzbereitschaft mit 3 Stationen soll ab 1968 gewährleistet worden sein.

Nach Erkenntnissen der Gegenseite soll das System seinerzeit als RSVT-1 (auch im zivilen Sprachgebrauch der Sowjetunion) bezeichnet worden sein. RSDN-20 ist mit großer Wahrscheinlichkeit die militärische Bezeichnung, wenngleich sie erfahrungsgemäß ungewohnt erscheint.

Im Westen erhielt RSDN-20 die Bezeichnung "Alpha", um wohl eine vollständige (weltpolitische) Gegensätzlichkeit zu "Omega" zum Ausdruck zu bringen.

Bekannt sind 6 Standorte für RSDN-20-Sender, wobei der gegenwärtige Betrieb anders aussehen kann:

  • Krasnodar (bis heute Hauptstation)
  • Novosibirsk
  • Chabarowsk
  • Seida (Turkmenistan) (im Englischen als Seyda beschrieben)
  • Rewda (Halbinsel Kola)
  • Komsomolsk-na-Amure

Anfänglich existierten die Stationen 1 bis 3.
Im Jahre 1991, als der kalte Krieg bereits abklang, nahm eine sowjetische Delegation offiziell an der Tagung der IOA (International Omega Association) teil, wo die Inbetriebnahme zweier zusätzlicher Stationen in Turkmenistan und auf der Halbinsel Kola angekündigt wurde. Das bisherige System mit 3 Stationen war recht anfällig; sollte eine Station ausfallen, so war praktisch das ganze Navigationssystem unbrauchbar. Mit den 2 neuen Transmittern sollte sowohl die Reichweite erhöht als auch die Anfälligkeit verringert werden.

RSDN-20 arbeitet gegenüber OMEGA auf abweichenden Frequenzen:

  • 11.905 kHz
  • 12.500 kHz
  • 12.649 kHz
  • 13.281 kHz
  • 14.881 kHz
  • 15.625 kHz.

Die abgestrahlte Leistung an jeder Station wird mit 500 kW angegeben.

Als Empfänger fungierte das Gerät PIRS-1R. Konstruiert zu Beginn der 70er Jahre (möglicherweise auch früher), vermittelt es der Beschreibung nach den typisch sowjetischen, unbekümmerten Aufbau: 226 kg für den Empfänger (zumindest teilweise röhrenbestückt), Leistungsbedarf mehr als 1 kW.

Quellen und Literatur

  • Veröffentlichung von Trond Jacobsen (Norwegen) auf vlf.it. Zu Grunde liegen ebenfalls Nachforschungen von anderen Personen, die im verlinkten Artikel erwähnt werden.