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Fallschirmsprung

Fallschirmsprungausbildung

Für nahezu alle Flugzeuge und Hubschrauber in der NVA waren Rettungssysteme vorgesehen. Während auf Jagdflugzeugen bekanntermaßen ein Katapultsitz zum Einsatz kommt, mussten die anderen, auch wir Hubschrauberführer, mit einem Fallschirm vorlieb nehmen.

In den Hubschraubern waren für die Piloten Sitzfallschirme üblich. Diese hießen nicht so, weil man auf ihnen beim Herabschweben besonders bequem sitzen sollte, sondern weil der eigentliche Schirm in der Sitzfläche verpackt war. Der Bordtechniker dagegen trug einen "normalen" Rückenfallschirm. Während wir in unserem vorhergehendem Fliegerleben bei Segel- und Motorflug stets den Rettungsfallschirm außerhalb der Maschine anlegten und ordentlich festzurrten, stiegen wir hier einfach ein, setzten uns auf den im Pilotensitz verbleibenden Fallschirm, warfen uns die Gurte über Arme und Beine und befestigten alles mit einem Schloss auf dem Bauch. Darüber kamen noch die eigentlichen Sitzgurte, was aber in aller Regel nur ein einfacher Zweipunktgurt war.

Im Notfall war von uns HSFs das seitliche Kabinenfenster abzuwerfen (dafür hatte selbiges eine Notabwurfhebel), der Sitzgurt zu lösen und der Sprung aus dem Seitenfenster zu machen. Freilich konnten wir uns alle Jahre nicht so recht vorstellen, wie wir in den üblichen geringen Flughöhen von 100m oder weniger rechtzeitig aus dem Hubschrauber kommen sollten, oder was die Tragschraube im Falle eines flugunfähigen, sprich: wild herumtorkelnden Hubschraubers, mit uns anstellen würde. Insofern hatte der Fallschirm ausschließlich moralische Aspekte; ein tatsächlicher Einsatz erfolgte nur in wenigen Notfällen. Oftmals hatten die Hubschrauberführer gar keine ernsthafte Chance.

Nichtsdestotrotz wurde dem Training dieser Notsituation und dem Sprung selbst eine große Bedeutung beigemessen. Bis zum Abschluss der Ausbildung zum Hubschrauberführer oder Flugzeugführer an der OHS mussten 5 Fallschirmsprünge durchgeführt werden. Im Zuge der Komplexbodenausbildung und gelegentlich auch später während der so genannten Politwochen wurde ein Absprungtraining durchgeführt. Dazu wurde jeweils ein „Delinquent“ mit dem Sitzfallschirm in das Cockpit verfrachtet. Der Flugschüler hatte auf den Befehl „Sprung!“ sich in Windeseile vom Sitz zu erheben und aus dem bereits geöffneten Seitenfenster zu hechten, was angesichts der beschränkten Fensteröffnung und des Ballastes am Gesäß schon recht mühsam war. Den Bauchklatscher auf den Beton verhinderten die draußen vor dem Seitenfenster stehenden Kameraden mit einem Sprungtuch.

Höhepunkt waren jedoch die richtigen Fallschirmsprünge. Die meisten von uns, die durch die vormilitärische Laufbahn als Offiziersbewerber Militärflieger gegangen waren, hatten ihren ersten Sprung bereits während der GST-Ausbildungszeit an den Fliegerschulen durchgeführt.

Als Offiziersschüler hatten wir so bereits einen Sprung vorzuweisen und mussten nur noch 4 Stück im Laufe der Ausbildung absolvieren. Normalerweise wurde jedes Jahr ein Sprung durchgeführt. Damit war allerdings auch der Zeitraum zwischen den Sprüngen sehr groß. Wir mussten jedes Jahr auf’s neue diesen Sprung „erlernen“, denn für einen Flieger ist es ganz und gar nicht selbstverständlich, aus einem funktionieren Luftfahrzeug zu springen. Entsprechend groß war auch die Überwindung, die uns abverlangt wurde. Wenn wir normalerweise hunderte Meter hoch flogen oder im Ausnahmefall auch mal darüber, machte uns dort diese Höhe nicht das Geringste aus. Stets hatten wir unsere Maschine unter uns. Die Situation wandelte sich sehr schnell, wenn wir nun auf ein Mal in der geöffneten Tür des Hubschraubers standen.

Für die Flieger am Standort Brandenburg fand die Fallschirm­sprungausbildung am Flugplatz statt, wir sprangen aus 500m Höhe mit sofortiger automa­tischer Öffnung. Zumeist wurde für uns OS dafür der Platz Klein-Kreutz genutzt. Das Umfeld änderte sich, als im Jahre 1988 der junge Oberleutnant Kinski des THG-34 beim Sprung ums Leben kam – für ihn reichte die Zeit zum Öffnen des Reserveschirms nach einem Defekt des Hauptschirmes nicht aus. So wurde in Auswertung des Vorkommnisses eine minimale Absprunghöhe von 600m festgelegt. Eine solche Absprunghöhe war an den Plätzen um Brandenburg nicht zu erfliegen, da doch der größte Teil des Flugraumes von den Zeitweiligen Luftverbindungswegen (ZLVW) von der BRD nach Westberlin überdeckt war, die uns als oberste Flughöhe eben jene 500m aufbürdeten. Nur an wenigen Stellen gab es Zonen, die höher zu befliegen waren, hier war jedoch die entsprechende Sicherstellung für das Fallschirmspringen nicht möglich. So wurde im Jahre 1989 die Sprungausbildung nach Bautzen verlegt. In einem zweitägigen „Sprungkurs“ flog eine Mi-8 von Brandenburg nach Bautzen und setzte uns mitfliegende OS des 3.Studienjahres aus den befohlenen 600m ab. Wahrscheinlich sollte ein noch größerer Aufwand in den Folgemonaten trotz allem vermieden werden, und so kamen wir an den zwei aufeinander folgenden Tagen in den Genuss je eines Sprungs. Damit hatten die ersten meines Jahrgangs bereits ihre 5 Sprünge erreicht und konnten sich das begehrte NVA-Sprungabzeichen an die Uniformbrust heften. Freilich konnten wir uns nicht im Geringsten messen mit Fallschirmjägern oder Aufklärern, die wohl über unsere bescheidene Leistung nur gelächelt hätten, aber ein wenig erfüllte uns das Sprungabzeichen schon mit Stolz.

1989: Mi-8 627 startet auf dem Flugplatz bei Bautzen zum Absetzen der Springer (© Mario Borchardt) Die Vorbereitung zum Springen indes war wieder von umfangreichen Sicherheits- und Verhaltensbelehrungen begleitet. Es fehlten auch nicht die zahlreichen Veranschaulichungen, was das falsche Aufsetzen auf dem Boden unseren Knöcheln antun würde - der Verantwortliche des Fallschirmdienstes im Geschwader konnte ein wahres, leidenschaftliches Lied von dem dann entstehenden Igel singen, bei dem die Knochen nur so aus den verdrehten Knöcheln herausspießten. Bandagierte Knöchel gehörten daher ebenso zu den Sicherheitsvorschriften, und stets kontrollierte der Sprungverantwortliche die ordnungsgemäß umwickelten Fußgelenke.

Einige praktische Übungen zum Abspringen und Aufsetzen, einschließlich einer eventuell notwendigen Landerolle wurden uns abgerungen – und schon konnte es an den richtigen Sprung gehen. Natürlich wurden auch vor dem Sprung die medizinischen Kerndaten geprüft: Puls, Temperatur und Blutdruck standen obenan, aber das waren wir von den täglichen Flugdiensten ja gewohnt. Schließlich sollten wir nicht ohne den Vollbesitz unserer körperlichen Leistungsfähigkeit aus dem Hubschrauber springen. Da nun auch der Sprung für uns ein nur selten wiederkehrendes, aufregendes Ereignis war, schlug mit Sicherheit der Puls schon im Vorfeld bis zum Hals. Aber auch ich (der gelegentlich mit Blutdruck im Grenzbereich zu tun hatte) schaffte diese medizinische Absegnung jedes Mal. Und schon durften wir die auf den Packbahnen bereitgelegten Fallschirme umschnallen. Zuerst der Hauptschirm (RS-4) auf den Rücken. Die Gurte ordentlich festzurren, denn sollten später beim Entfaltungsstoß in der Luft wichtige Körperteile gequetscht werden, war der Schrei des Springers auch aus 500m bis zum Boden zu hören - so zumindest die glaubhafte Versicherung unsere Fallschirmwartes. Emsig achteten wir fortan auf die richtige Lage der Brust- und insbesondere der Beingurte... Anschließend den Rettungsschirm auf der Brust befestigt - und obenauf befand sich das berühmt-berüchtigte Kappmesser, das wir niemals und nirgends irgendwie anfassen und benutzen sollten, außer ein Notfall verlangte uns das Kappen der Seile ab. Nahezu bewegungsunfähig mit der eng verzurrten Fallschirmlast von reichlichen 20kg standen wir am Boden und ließen letzte prüfende Blicke und Kontrollgriffe der Verantwortlichen über uns ergehen. Schließlich zeichneten sie verantwortlich für die ordnungsgemäß verpackten Schirme und das richtige Anlegen. Anders als bei den „hauptamtlichen“ Springern gab es für uns das Springen nur zum Training einer Notsituation, und man mutete uns keinerlei Handlung für das Packen oder die Arbeit mit dem Fallschirm selbst zu.

Anschließend marschierten wir in Reihe zum Hubschrauber. Wieder durften wir in der vertrauten Mi-8 Platz nehmen. Wir drängten uns im Laderaum auf den Sitzbänken entlang der Außenwände, die für 24 Springer vorgesehen waren. Der Hubschrauber startete und schraubte sich über dem uns genügend bekannten Gelände (zumindest in Brandenburg) in die Höhe. Der Flug selbst war ja nicht ungewohnt für uns, und so konnten wir uns voll und ganz auf den bevorstehenden Sprung konzentrieren. Zweifellos tat dies jeder auf seine Art, aber die Kürze der Zeit und der tägliche Umgang mit Hubschraubern und Flughöhen ließen es uns doch weniger spannend als im Kino sehen. Der Absetzer ging durch die Maschine, entnahm die Aufzugsleine (das Standardwort „Reißleine“ wollte von den Fallschirmkundigen keiner hören!), deren Karabinerhaken jedermann am Brustgurt klemmte, und klinkte die Öse in das durch den Laderaum gespannte Stahlseil ein. Diese Leine sollte den sofortigen Öffnungsvorgang nach dem Absprung einleiten; das manuelle Ziehen des Griffes wurde nur zu Sicherheitszwecken kurz danach ausgeführt. Wenige Minuten darauf hatte die Mi-8 die Absprunghöhe erreicht. Deutlich erkannten wir durch die Fenster den Startplatz. Irgendwo auf seiner Rasenfläche sollten wir mit unserem Fallschirm zu Landung kommen. Immerhin ging es ja „nur“ um unsere sichere Rettung und nicht um Zieltreten mit minimalem Abstand, was eher Fallschirmsportlern anstand.

Der Absetzer öffnete die Laderaumtür. Völlig unbefangen klemmte er im Türrahmen und begutachtete „seine“ Situation. An der Absprungposition, die entsprechend dem herrschenden Wind bestimmt wurde, warf er zunächst die so genannte Flirre aus dem Hubschrauber. Als Ersatzkörper mit nahezu identischen Falleigenschaften der Mensch-Fallschirm-Kombination sollte er den zu erwartenden Aufsetzpunkt am Boden anzeigen. In Abhängigkeit von seinem Aufschlag auf der Rasenfläche wurde der Absetzpunkt noch einmal etwas vor- oder zurückverlegt. Schließlich wollte man das Einsammeln der Springer nicht übermäßig erschweren, zumal die zum Einsatz kommenden Fallschirme RS-4 einen nur begrenzten Vortrieb (4 m/s) und damit eine relativ berechenbare Landeposition boten. Auch uns sollte es nur recht sein, wenn wir nicht noch 2 Kilometer bis zum Sammelpunkt marschieren mussten. Der Hubschrauberführer baute nun eine regelrechte Platzrunde auf. Mehrere aufeinander folgende Anflüge führten so am selben Punkt vorbei und gaben wieder 3 oder 4 Springern die Gelegenheit, aus der Maschine zu hüpfen.

Vor mir hatten bereits etliche Kameraden die Maschine verlassen, nun war die Reihe an mir. Der Absetzer hieß mich aufstehen und zur Laderaumtür vorhangeln. Noch versperrte er mit seinem Arm die Tür. Trotzdem stand ich genau hinter der Öffnung. 40cm weiter tat sich der Abgrund auf. Bodenlose Leere hinter der Schwelle! Sonst war ich ja einen ganz anderen Blick gewöhnt, war sonst fest mit der Maschine verbunden. Gewissermaßen lebten wir mit ihr - niemals vollführten wir in der Luft irgendetwas ohne den Hubschrauber! Nun sollte ich tatsächlich aus dem fliegenden Hubschrauber springen – welche ungewohnte Situation! Da das Herz schon am Boden bis zum Halse geschlagen hatte, musste es jetzt wohl noch viel besser arbeiten, vielleicht klopfte es nun schon an den Rand des Sprunghelmes? Jetzt gab der Bewacher seine Öffnung frei. Ein kleiner Schritt bis an die Schwelle, dann hieß es: kräftig abspringen! Das war der tatsächliche Moment der Überwindung! Genau dieses Gefühl machte für uns das Fallschirmspringen aus! Jetzt die Arme und Beine in gelernter Art zusammenpressen, damit sich beim Öffnen des Schirmes keine Fangleine zwischen den Körperteilen hindurchschlängeln und uns in eine unsteuerbare Position bringen konnte. Keinesfalls durften wir uns wie ein nasser Sack aus der Maschine fallen lassen, den in diesem Moment alle Kraft verlassen hatte… Allein dafür sorgte der Absetzer, der bei „Not am Mann“ schon einmal kräftig auf die Schulter klopfte und somit einen zusätzlichen Vortrieb verschaffte. Natürlich schmiss er uns nicht aus der Maschine, zumal er so entgegen den geltenden Vorschriften handeln würde. Aber gegen eine kleine Hilfe hatte man im Allgemeinen nichts einzuwenden. Die Angst, beim Absprung gegen den 2m weiter hinten befindlichen Balkenträger getrieben zu werden, hatten wir indes nicht mehr. Die Schwerkraft zog uns so schnell nach unten, dass für einen Kontakt mit dem Bauteil überhaupt keine Chance mehr bestand.

In dieser Situation erinnerten wir uns durchaus unseres ersten Sprunges. Ich selbst tat ihn 1986 aus einer An-2 in Halle-Oppin. Der Absetzer damals war ein echtes Unikum, stets darauf bedacht, uns mit Späßen die Angst vor dem allerersten Sprung zu nehmen. Abgesehen davon, dass man Angst ja sowieso nur vor etwas Bekanntem haben könne...? Da keiner von uns schon zuvor einen Fallschirmsprung gemacht hatte, hätte doch gar keiner von den Kameraden Angst haben können?! Auch die seinerzeit ernsten Befürchtungen, nach dem Absprung gegen das Höhenleitwerk der An-2 zu klatschen, wurden damals von ihm zerstreut: die Schwerkraft zog einen sogleich massiv nach unten. Einzig ein unentschlossener Absprung konnte uns etwas an der Bordwand entlang scheuern lassen, aber das Höhenleitwerk erreichte man nie!

Nach dem Absprung aus der Mi-8 in meiner arm-und-beinverschränkten Haltung begann das lange Zählen. Einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig - die 3 obligatorischen Sekunden erschienen mir wie eine halbe Ewigkeit! Ich hätte bis sonstwohin zählen können! Für den Körper war die Schwerkraft abgeschaltet. Jegliches Gefühl für oben und unten war verloren, eine absolute Schwerelosigkeit beherrschte mich und trieb mir scheinbar sämtliche Eingeweide in den Kopf. Tapfer hält ja der geübte Springer die Augen offen (in der Tat hatten viele, auch ich, beim ersten Sprung für diese wenigen Sekunden die Augen geschlossen), und so konnte uns das Auge seine Lageinformation vermitteln. Nicht selten ging es jetzt kopfüber abwärts. Aber nach den 3 Sekunden öffnete sich tatsächlich der Hauptschirm.

Hätte er es nicht getan, wäre nun auf jeden Fall der Moment gekommen, den Handgriff für manuelle Öffnung zu ziehen. Viel Zeit blieb dann nicht, bewegte sich der Körper ab jetzt doch mit ungefähr 50m/s abwärts! Tat sich dann ebenfalls nichts, war es höchste Zeit für den Notfallschirm auf der Brust, es durfte keine Sekunde verschwendet werden. In 10 Sekunden wären wir am Boden gewesen…

Ein kräftiger Ruck an den Gurten, der Fallschirm riss gewaltig an unserem gewichtslosen Körper. Die Schwerkraft herrschte wieder über uns. Ein paar mal noch pendelten wir wild im Kreise, dann hatte sich der Fall stabilisiert. Blick nach oben - eine große Kuppel hatte sich über uns entfaltet. Sogleich hatten wir die Kappe auf Unversehrtheit oder Einschnürungen zu überprüfen, lax auch „Brötchenbildung“ genannt. In einem solchen Fall wäre zusätzlich der Notfallschirm zu ziehen gewesen. Aber alles war in Ordnung. Ebenfalls waren alle Fangleinen unversehrt, ein leichter Zug an den daran befestigten Steuerseilen links und rechts über mir drehte mich in die gewünschte Richtung.

Mehrere Fallschirmkappen schwebten schon unter mir dahin. Eine unvergleichliche Ruhe umfing uns in der Luft. Ohne Probleme konnten wir uns über größere Entfernungen etwas zurufen. Ab und an blickte ich nach oben, wo sich der nächste Pulk Springer aus dem Hubschrauber warf.

Nach einigen Minuten des Schwebens, das uns Fliegern schon wieder völlig normal erschien, hatte ich eine Höhe von ungefähr 100 Metern erreicht (Höhenmesser hatten nur die Profis, wir mussten es schätzen). Nun hieß es: Eindrehen gegen den Wind und alle weiteren Drehbewegungen vermeiden – so die Sicherheitsvorschriften. Eine Landung in der Drehung war so ziemlich das schlimmste, was den Beinen passieren konnte. Jaja, der Igel wartete schon… Also: ordentlich die Richtung halten, auch wenn die Landeposition uns noch einen Fußmarsch von hunderten Metern aufbürdete. Füße zusammen und mit leicht eingefederten Knien aufsetzen. Immerhin entsprach die Landegeschwindigkeit der eines Sprunges aus dem 1.Stock.

Zog der Schirm noch gar zu heftig an uns, war noch eine Landerolle nachzusetzen, allemal besser, als wenig elegant einfach umzufallen.

Die Erde hatte uns wieder, um eine Erfahrung reicher. Bis zum nächsten Jahr.

Überlebenstraining

Die Vorbereitung auf alle Unwägbarkeiten im Leben eines Militärfliegers erforderte auch Gedanken an reale Einsätze und die Gefahren, die dort entstanden. Damit die Hubschrauberführer in die Lage versetzt wurden, nach einem Abschuss hinter der Frontlinie zu den eigenen Truppen zurückzukehren, war für das fliegende Personal ein Überlebenstraining erforderlich. Das einzige Training, an dem ich teilnahm, fand am 16.06.89 statt, passenderweise ein Montag, so dass man sich beizeiten aus dem Urlaub zurückbegeben musste. Das Wetter an diesem Tage erhob selbigen zum wahrscheinlich schönsten des Jahres: keine Wolke am Himmel, im Laufe des Tages stieg die Temperatur sicherlich auf 30°C.
Das Überlebenstraining begann gegen 4:00 mit dem Alarm und Sammeln. Gegen 5:00 erfolgte die Abfahrt zum Flugplatz. Dem Fliegerstand entsprechend sollten wir gruppenweise mit dem Hubschrauber irgendwo abgesetzt werden und uns nach groben Orientierungen, die uns gegeben wurden, zu einem Sammelpunkt durchschlagen. Der Hubschrauber startete gegen 6:00 und setzte uns schließlich im Raum Klein-Behnitz ab (unser geschultes Fliegerauge kannte die Gegend auch ohne Karte). Nach einem Gruppen-2000m-Lauf mit Zeitgrenze - im übrigen trugen wir Fliegerkombi, Fliegerstiefel und schleppten die Schutzmaske mit uns herum - konnten wir auf einer Karte uns 5 Minuten orientieren, bevor es nur mit unseren Notizen und unserem Gedächtnis ab durch den Wald ging. Wenigstens hatten einige einen Kompaß dabei, so dass man die Richtung grob halten konnte. Geplant waren auch allerlei Einlagen, wie eine kurze Überprüfung der Schutzausrüstung bzw. des Anlegens derselben, "Nahkampfangriffe" und weitere Sachen, wobei man schon mal ein paar verpassen konnte, wenn man nicht hundertprozentig auf dem angedachten Trampelpfad entlangmarschierte. Sicherlich hätten wir uns auch an anderen Stellen noch mehr verlaufen, wenn wir nicht in der Zwischenzeit auf eine andere Gruppe von Fluglehrern getroffen wären, die dank einer mitgebrachten Karte (was natürlich nicht gestattet war) den verbleibenden Weg etwas besser planen konnten. Zwischendurch kreiste auch immer der Hubschrauber (der Geschwaderkommandeur wollte seine Schäfchen immer sehen) über unseren Köpfen, was uns letzten Endes bestätigte, dass dies der richtige Weg war. 
Meine Gruppe hatte gegen 18:30 den Sammelpunkt erreicht, und wir schätzten unsere zurückgelegte Strecke so auf 40km. Eine dann eigentlich angesetzte Überprüfung im Zeltbau ignorierten wir einfach, da wir im Grunde schon halbtot ins Gras sanken und nur noch Wasser verlangten. Die während des Marsches mitgeführte Feldflasche hatte mit ihrem halben Liter Fassungsvermögen schon beizeiten ihre Spenderfunktion eingestellt, und selbst, wenn man mit dem Wasser haushalten konnte, so dürstete es einen jetzt gewaltig. 
Es mag sein, dass manche ehemalige Offiziersschüler, insbesondere der Fraktionen Fallschirmjäger, Mot.-Schützen und Panzer, über unseren Einsatz lächeln (einige brauchen's eben etwas härter), aber uns hat es auf alle Fälle gereicht und wir waren auch am nächsten Tag noch kaputt.